Sinti und Roma in Deutschland

Seit mehr als 600 Jahren leben Sinti und Roma in Deutschland. Vor mehr als 1000 Jahren waren sie aus Indien vertrieben aufgebrochen, um eine neue Heimat zu finden und ließen sich schließlich in Europa nieder. Ihr Weg war gepflastert von Ausgrenzung und Verfolgung und erreichte mit der Ermordung von geschätzt einer halber Million Menschen in der NS-Zeit ihren traurigen Höhepunkt. 

Die Minderheit der Sinti und Roma ist nicht nur die größte, sondern gilt bis heute auch als die am meisten verachtete und drangsalierte Europas. Wie viele Sinti und Roma derzeit in Deutschland leben lässt sich nur schätzen. Laut Zentralrat Deutscher Sinti und Roma sind es circa 70.000.


Weitere Informationen über die Geschichte der Sinti und Roma ,  ihre Soziale Situation sowie die Roma-Strategie der EU.


Was haben wiir gegen Sinti und Roma? (YouTube)

BpB:Antiziganismus begegnen (YouTube)

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Unabhängige Kommission Antiziganismus

Ein Menschenleben  - 74 Jahre lang - habe es gedauert bis die Bundesrepublik Deutschland nach dem Ende der NS-Völkermorde, sich auch mit dem Genozid an den Sinti und Roma offiziell auseinandersetzte, so Elisabeta Jonuz, Vorsitzende der „Unabhängigen Kommission Antiziganismus“.

Die elfköpfige Kommission wurde gegründet, nachdem im Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD vereinbart wurde, ein Expertengremium einzurichten. Die Kommission hat sich – nach vorangegangenen fachlichen Konsultationen mit dem Zentralrat Deutscher Sinti und Roma - am 27. März 2019 im Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat konstituiert.

Die Kommission sollte zunächst eine Bestandsaufnahme vorlegen über all dies, was Sinti und Roma auch nach der nationalsozialistischen Verfolgung noch widerfuhr. Wer zur Minderheit gehöre, erlebe nach wie vor spezifischen antiziganistischen Rassismus „in allen gesellschaftlichen Teilbereichen“, sagte Jonuz, „bei der Wohnungssuche, im Gesundheitswesen, in der Schule und an der Universität, bei der Polizei und auf Behörden, in der Sozialarbeit, im Bus, in sozialen Medien und in der Medienberichterstattung“.

Bericht und Forderungen der Kommission

Nach zweijähriger Arbeit, legte die Kommission nun einen Bericht vor, in dem sie einen grundlegenden Perspektivwechsel fordet sowie eine:n Beaufragte:n für Antiziganismus. "Einen Beauftragten für Antiziganismus könnte ich mir persönlich vorstellen", so Bundesinnenminister Horst Seehofer zum Ende seiner Amtszeit. Er wisse aber, dass "andere Teile der Bundesregierung" meinten, diese Aufgabe sei durch eine Person bereits erledigt, die sich um Rassismus im Allgemeinen kümmere.

In ihrem am  21. Juli 2021 vorgestellten Abschlussbericht hat die Kommission folgende Forderungen an die Politik in Bund, Ländern und Kommunen formuliert, um die Lage nach Jahrhunderten der Verfolgung zu ändern. Man spreche bewusst nicht von Empfehlungen, sondern fordere, erklärte Jane Weiß, Mitglied der Kommission:

  • Ein „grundlegender Perspektivwechsel“ in Politik, Rechtsprechung und Gesellschaft - die Anerkennung, dass es antiziganistischen Rassismus gibt.
     
  • Die Berufung eines oder einer Beauftragten nach dem Vorbild des Antisemitismusbeauftragten der Bundesregierung sei unabdingbar.
     
  • Weiterhin wird eine Bund-Länder-Kommission gefordert, die die alten Benachteiligungen von Sinti und Roma durch Strukturmaßnahmen beenden
     
  • Ferner müsse es eine „Wahrheitskommission“ geben. Es gelte hier, das „hermetische Schweige- und Entlastungskartell“ nach 1945 zu brechen, das die lange Fortsetzung dieses besonderen Rassismus „ständig aktualisiert“ und die „zweite Verfolgung“ in der Bundesrepublik erst möglich gemacht habe.

 

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Zentralrat Deutscher Sinti & Roma

Mit der Einsetzung der „Unabhängigen Kommission Antiziganismus" durch die Bundesregierung wurde eine langjährige Forderung des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma umgesetzt, sich aus der historischen Verantwortung heraus der Bekämpfung des Antiziganismus zu widmen.

In einer Stellungnahme äußert sich der Zentralrat zum aktuellen Bericht der Kommission. Er begrüßt darin ausdrücklich die in dem  Abschlussbericht formulierten Empfehlungen der Kommission, die den Forderungen des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma in wesentlichen Punkten folgen.

Der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma wurde 1982 gegründet und ist die bürgerrechtliche und politische Interessenvertretung der deutschen Sinti und Roma . Der Zentralrat setzt sich ein für die gleichberechtigte Teilhabe der Sinti und Roma in Politik und Gesellschaft und den Schutz und die Förderung als nationale Minderheit.

Er betreibt die Umsetzung des europäischen „Rahmenübereinkommens zum Schutz nationaler Minderheiten“ auf nationaler Ebene und steht dazu in kontinuierlichem Dialog mit Bundes- und Landesregierungen. Mit dem Rahmenübereinkommen ist das erste völkerrechtlich verbindliche Schutzinstrument geschaffen worden, das sich direkt auf die nationalen Minderheiten bezieht. Es verbietet jede Diskriminierung einer Person wegen ihrer Zugehörigkeit zu einer nationalen Minderheit. 

Für die deutschen Sinti und Roma setzte der Zentralrat 1995 die gesetzliche Anerkennung als nationale Minderheit durch und für das deutsche Romanes die Anerkennung als Minderheitensprache gemäß der „Charta des Europarates.“

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Bundesarbeitsgemeinschaft RomnoKher

Die RomnoKher ist eine seit 2007 bundesweit tätige Selbstorganisation der Sinti und Roma in Deutschland, die 2011 dieerste eigene Studie zur Bildungssituation der deutschen Sinti und Roma (RomnoKher-Studie 2011) durchführte. Romnokher betreibt in Mannheim ein Haus für Bildung, Kultur und Antiziganismusforschung und gründete 2017 die Bundesarbeitsgemeinschaft RomnoKher mit dem Ziel, ein bundesweites Netzwerk von Selbstorganisationen zur Förderung von Kultur und Bildung aufzubauen.

Die jüngst erschienene "RomnoKher-Studie 2021 zur Lage der Sinti und Roma in Deutschland" ermittelt nach wie vor extrem hohe Angaben zur Diskriminierung: Etwa 40% der Befragten mit Kindern haben angegeben, dass ihre Kinder Diskriminierungserfahrungen gemacht haben (davon ca. 60% mit Gewalt, ca. 40% im Unterricht, ca. ein Drittel von Lehrkräften), und etwa zwei Drittel der Befragten fühlen sich im heutigen Leben wegen ihrer Zugehörigkeit diskriminiert, davon ca. 80% auch im Bildungssystem.

Zusammenfassung der Studie mit Grafiken

 

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