Außenpolitik Polen

Nach der Auflösung des Warschauer Pakts galt die Annäherung an Europa und an die USA als wichtigstes außenpolitisches Ziel Polens. Deshalb strebte das Land früh eine Mitgliedschaft in der Europäischen Union und dem transatlantischen Bündnis NATO an. Bis die Verhandlungen zur Aufnahme allerdings erfolgen konnten, waren grundlegende Veränderungen im Land notwendig. Seit 2004 ist Polen Mitglied der EU. Mittlerweile fährt die aktuelle Regierung allerdings einen europakritischen Kurs, bekennt sich jedoch klar zur NATO und fordert eine Stärkung und Vertiefung des Verteidigungsbündnisses.

Polens setzt in seiner Außen- und Sicherheitspolitik einen starken Fokus auf Europa und die transatlantischen Beziehungen. Die Stärkung der NATO, der Ausbau der bilateralen Beziehungen zu den USA, sowie die Sicherung der Unabhängigkeit der östlichen Nachbarstaaten vor der russischen Dominanz bilden die Eckpfeiler dieser Sicherheitspolitik. Polen ist klarer Befürworter der Aufnahme weiterer Staaten in die Europäische Union.

Beitritt zur EU

Die Verhandlungen über einen Beitritt Polens zur Europäischen Gemeinschaft begannen bereits 1989. Fünf Jahre später reichte das Land seine Bewerbung für eine EU-Mitgliedschaft bei der Europäischen Kommission ein, woraufhin eine langwierige und schwierige Verhandlungsphase folgte. Insbesondere in der Agrar- und Arbeitsmarktpolitik lagen die Vorstellungen der Verhandlungspartner weit auseinander, da beide Seiten schwerwiegende wirtschaftliche Nachteile für sich befürchteten. Erst nach mehreren Jahren wurde eine Einigung erzielt.

2003 wurde das polnische Volk in einem Referendum über den Beitritt Polens in die Europäische Union befragt. Mit einer für polnischen Verhältnisse großen Wahlbeteiligung von knapp 59 Prozent sprachen sich 77,5 Prozent der Teilnehmenden für den Beitritt Polens in die EU aus. Im Zuge der großen Osterweiterungsrunde der EU trat Polen 2004 der EU bei. Seit Mai 2004 nimmt Polen auch am Schengener Abkommen teil. 2007 wurden die Grenzkontrollen an den Grenzen zu Deutschland, Tschechien, Slowakei und Litauen abgeschafft.

Mit knapp 37 Millionen Einwohnern ist Polen das fünftgrößte Mitgliedsland der EU. Polen strebt die Einführung des Euros an. Wann das Vorhaben allerdings umgesetzt werden soll, ist noch immer fraglich, denn ein Termin für den Wechsel steht bisher noch nicht fest.

 

Polen in der EU

 

EU-Beitritt1. Mai 2004
Anteil an der gesamten EU-Bevölkerung8,2 Prozent (2023)
Sitze im Europäischen Parlament52
EU-Kommissar/inJanusz Wojciechowski (Partei: PiS, Europäische Konservative und Reformer) - Landwirtschaft
Mitglied der EurozoneNein
Mitglied im SchengenraumJa
EU-RatspräsidentschaftJuli - Dezember 2011
Januar – Juni 2025 (nächste geplante Periode)

Weitere Mitgliedschaften

NATO12. März 1999
OSZE26. Juni 1973
WTO1. Juli 1995
Europarat1991
UN24. Oktober 1945

 

Beziehungen zur EU

Die Befürchtungen der Skeptiker in Polen haben sich nicht bestätigt. Nach mehreren Jahren „Europa-Erfahrung” erfährt die EU-Mitgliedschaft in der Bevölkerung nach wie vor große Zustimmung. Die weitere Integration Polens in die EU wurde vor allem auch durch den Außenminister Sikorski (2007-2014) vorangetrieben. Ein wichtiges Zeichen in diese Richtung setzte auch der Wechsel des ehemaligen polnischen Ministerpräsidenten Donald Tusk in die EU als EU-Ratspräsident.

Die Ausrichtung der polnischen Regierung wurde jedoch in den letzten Jahren zunehmend eurokritischer. Auch von Seiten der Europäischen Union häuft sich die Kritik an einzelnen Praktiken der PiS-Regierung.. Ein Streit um die Besetzung des Verfassungsgerichts und eine neu aufgelegte Justizreform waren Grund dafür, dass die EU-Kommission zum ersten Mal in ihrer Geschichte ein Verfahren zur Überprüfung der Rechtsstaatlichkeit eingeleitet hatte. Daraus sind Empfehlungen aus Brüssel entstanden, für deren Umsetzung Polen eine Frist gesetzt wurde. Obwohl die PiS-Regierung daraufhin einige Änderungen vornahm, blieb der Kern der Kritik - die unrechtmäßige Besetzung von drei Verfassungsrichterposten - weiterhin unberührt. Die EU-Kommission hatte deshalb im Dezember 2017 das sogenannte Artikel-7-Verfahren eingeleitet. Dieser Artikel besagt, dass im Falle einer „schwerwiegenden und anhaltenden Verletzung” der Werte der EU-Gemeinschaft einem Mitgliedsland sogar dessen Stimmrecht entzogen werden könnte. Dafür bräuchte es aber ein einstimmiges Votum aller Mitgliedsländer, das schwer zu erzielen ist. Für andere Sanktionen reicht allerdings eine Zwei-Drittel-Mehrheit.

Wegen eines von der polnischen Regierung im Zuge einer Justizreform neu eingeführten Gesetzes zur Disziplinierung von Richtern hatte die EU- Kommission 2020 erneute Schritte im Rahmen des Vertragsverletzungsverfahren vorgenommen.  Das Gesetz untergrabe nach wie vor die Unabhängigkeit polnischer Richter, sagte der Kommissionssprecher. Im Januar 2021 hat die Kommission die Anklage noch verschärft und eine er­gän­zen­de mit Grün­den ver­se­he­ne Stel­lung­nah­me über­mit­telt. Im Juli 2021 erging  ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs, das besagt, dass Polen mit der neuen Disziplinarordnung für Richter „gegen seine Verpflichtungen aus dem Unionsrecht verstoßen hat". Daraufhin entschied das polnische Verfassungsgericht, die Anordnungen des Europäischen Gerichtshofs gegen Polens Justizreformen seien nicht mit der polnischen Verfassung vereinbar. Dieser sich zuspitzende Konfrontationskurs sorgte für große Besorgnis in der Europäischen Union.

Mit dem Sieg der Opposition bei der Parlamentswahl 2023 und einem immer wahrscheinlicher werdenden Regierungswechsel, hofft Brüssel, dass die Kompromissbereitschaft in einer potenziellen neuen polnischen Regierung wachsen wird. Gleichzeitig hoffen viele Polen auf die Chance, die eingefrorene EU-Gelder wieder ins Land holen zu können.

mehr zu Rechtsstaatlichkeit und Demokratie in Polen

Polen in der NATO

Polen ist seit 1999 Mitglied der NATO und hat seine Streitkräfte seitdem grundlegend neu aufgestellt. So wurde im Jahr 2009 die Wehrpflicht ausgesetzt und stattdessen eine professionellere Berufsarmee mit 100.000 Soldaten aufgebaut. Als eines von derzeit fünf Ländern erfüllt Polen auch die Anforderung der NATO, mindestens zwei Prozent des Bruttoinlandsproduktes für Verteidigung aufzuwenden. Die Landesverteidigung soll neben einer engen Kooperation mit den USA zunehmend auch durch eigene Aufrüstung gewährleistet sein. Dazu sollen unter anderem mehr als 30 Milliarden Euro beitragen, die Polen bis 2022 in neue Waffensysteme investieren will.

Polen steht im Verteidigungsbündnis für einen strengen Kurs gegen Russland. Daher fordert die Regierung auch eine schnelle Umsetzung der Entscheidungen, die auf dem NATO-Gipfel 2016 in Warschau getroffen worden. Diese sehen eine Verlegung von NATO-Truppen in die Baltischen Staaten vor, die dort auf Rotationsbasis stationiert werden sollen. Die Rahmennation für die in Polen stationierten Streitkräfte sind die USA.

Weitere Kooperationen

Gemeinsam mit Tschechien, Ungarn und der Slowakei hat sich Polen 1991 zu der sogenannten Visegrad-Gruppe zusammengeschlossen. In dieser wollten sich die Länder gemeinsam auf dem Weg in die EU und NATO unterstützen. Nach dem erfolgreichen Beitritt der Visegrad-Länder in die EU und die NATO haben sich die Themen der Gruppe auf die Zukunft der EU, Migrationsfragen und eine gemeinsame Sicherheits- und Außenpolitik verschoben. Jedoch erschweren unterschiedliche Positionen die Zusammenarbeit in der Visegrad-Gruppe.


mehr zur Visegrad-Gruppe


Besonders wichtig für Polen ist es, sich in der Europäischen Union auf eine einheitliche Position gegenüber Russland zu verständigen. Die Annexion der Krim, der Angriffskrieg auf dei Ukraine 2022 und die damit einhergehenden Veränderungen in der russischen Verteidigungspolitik werden von Polen als Bedrohung wahrgenommen. 

Insbesondere in Bezug auf die Sicherheits- und Verteidigungspolitik legt Polen weiterhin großen Wert auf eine enge Kooperation mit den USA . Hierfür setzt die polnische Regierung auf den Ausbau der bilateralen Beziehungen, welche neben der Mitgliedschaft in der NATO, die Sicherheit Polens stärken soll. Mit Besorgnis wird hier auf die verstärkte Umorientierung der USA in den pazifischen Raum geschaut.

Eine tiefergehende außenpolitische Kooperation Polens mit China stieß schon vor Corona auf Hindernisse. Man hoffte auf polnischer Seite auf Investitionen in unter anderem Infrastrukturprojekte, um die eigene Handelsbilanz aufzuwerten. Jedoch stehen vor allem die außen- und aicherheitspolitischen Konflikte wie Pekings Nähe zu Moskau und der Wirtschaftskonflikt der USA mit China einer engeren Kooperation im Wege.

 

Quellen

Europäische Union: Polen

Auswärtiges Amt: Polen

Außenministerium Polen

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