Geschichte Georgien

Frühere Geschichte

Erste Funde der Besiedlung des Kaukasus stammen aus der Altsteinzeit. Im September 1992 stieß die deutsche Archäologin Antje Justus aus Mainz bei Ausgrabungen nahe der südostgeorgischen Stadt Dmanisi auf Überreste des „Homo erectus“ (1,85 Millionen Jahre alt). 1998 wurde an gleicher Stelle ein etwa gleichaltriger Schädel entdeckt. Hier fand man also die ältesten Nachweise menschlichen Lebens im eurasischen Gebiet. Funde aus der frühen Kupferzeit belegen eine hohe Agrarkultur in dieser Gegend. Schon zirka 2000 Jahre v. Chr. bildeten die ansässigen Stämme eine Art Staatswesen. Funde aus der Bronzezeit wurden ebenfalls zutage gefördert, die auf das fünfte Jahrhundert v. Chr. zurückdatiert werden. Die Gründung des ersten Königreichs Kolchis um 6oo v. Chr. ging mit der Errichtung eines griechischen Handelspostens an der Küste des Schwarzes Meeres in Westgeorgien einher. Die griechische Mythologie vom Goldenen Vlies ist ein Zeugnis davon. 200 Jahre später wurde in Ostgeorgien das Königreich Kartlien gegründet. 100 v. Chr. war unter der Herrschaft Alexander des Großen hier der östlichste Außenposten des römischen Reichs. Später gehörte auch die Kolchis zum Römischen Reich. Im vierten und fünften Jahrhundert nach Christus fiel Kolchis, das sich damals Lasika nannte, unter persische Herrschaft.

Die heilige Nino, eine Syrerin, brachte im Jahre 337 n. Chr. das Christentum nach Georgien. Daraufhin wurde das Christentum zur Staatsreligion erklärt. Bis zum 10. Jahrhundert regierten verschiedene Mächte in dieser Region unter anderen Perser, Byzantiner, Araber, die Bagratiden-Dynastie mit ihren armenischen Truppen und seldschukische Stämme aus Mittelasien. Das Goldene Zeitalter begann unter Davit dem Erbauer im Jahre 1089 und fand unter seiner Urenkelin, der Königin Tamar ihre größte Ausdehnung und wirtschaftliche und kulturelle Blüte. Die folgenden Jahrhunderte brachten dann schwierige Zeiten für Georgien. Im 12. Jahrhundert fiel Dschinghis Khan mit seiner mongolischen Reiterarmee in Georgien ein. Bald zerfiel auch das Reich in kleinere Königreiche und Fürstentümer. Die Perser und Osmanen kämpften um die Vormachtstellung in Georgien.

 

Einflüße des russischen Zarenreich und der Widerstand

Im 18. Jahrhundert engagierte sich das Russische Zarenreich in dieser Region. 1722 eroberte Russland unter Peter dem Großen den Nordkaukasus. Die Georgier baten sie um Hilfe und 1786 begann der erste Russisch-Türkische Krieg. Unter Zar Alexander I. wurde Georgien zuerst russisches Protektorat und dann am 12.9.1801 an Russland angegliedert. Die Kirche und er Adel wurden russifiziert und als der letzte bagratidische König Georgiens Georgi II starb, wurde Ende 1811 das Ende des georgischen Königreiches besiegelt. Russland und die Türkei kämpften weiter um die Vorherrschaft. Ende der 1860er Jahre führte man dann umfangreiche Reformen des Kirchen- und verwaltungsrechts sowie der Gerichtsbarkeit durch, um das Land dem in Russland gültigen Recht anzupassen. Ein gewisser wirtschaftlicher Aufschwung Georgiens war die Folge. 1870/71 wurde die Leibeigenschaft gesetzlich abgeschafft.

Die fortschreitende Russifizierung war für die Georgier jedoch zunehmend schwierig. Georgische Adlige studierten in Russland und kamen mit revolutionären Gedanken in Berührung. In der Gesellschaft erwachte ein Nationalbewusstsein und Reformideen machten die Runde. Das intellektuelle Leben fluorierte. Mit der Eisenbahn fand die Industrialisierung 1883 Einzug im Südkaukasus. Die Profite kamen jedoch den Einheimischen kaum zugute. Politische Unruhen, Demonstrationen und Aufstände häuften sich.

 

Erste georgische Republik 1918-21

Nach dem politischen Umbruch der Februarrevolution in Russland (1917) bildeten die drei kaukasischen Republiken Armenien, Aserbaidschan und Georgien die transkaukasische Föderation, der nur ein kurzes Leben beschieden war.  Am 26. Mai 1918 erklärte sich Georgien als demokratische Republik Georgien für unabhängig. Das Land gab sich eine Verfassung nach dem Schweizer Vorbild. Als erster ausländischer Staat überhaupt erkannte das deutsche Kaiserreich den neuen Staat im Mai 1918 an, der als die erste georgische Republik in die Geschichte einging.

Mit dem Abzug der russischen Truppen bestand die reale Gefahr, dass die türkischen Truppen wieder einmarschierten. Deutschland stationierte daraufhin 3000 Soldaten und erhielt im Gegenzug Zugang zu Bodenschätzen. Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges musste Deutschland seine Truppen jedoch abziehen und englische Militärs nahmen ihren Platz ein. 1919 zogen auch die Engländer wieder ab, um Russland nicht herauszufordern. Anfangs erkannte Russland die Unabhängigkeit der Republik vorerst an, doch ein Jahr später am 11. Februar 1921 marschierte die Rote Armee unter dem Vorwand, ethnische Konflikte zwischen Osseten und Georgier zu beenden in Georgien ein. Ein paar Tage später wurde die georgische Sowjetrepublik ausgerufen, Enteignungen folgten und das Land wurde geteilt, die Regionen Abchasien und Adscharien abgespalten. 1924 kam es erneut zu Aufständen gegen die sowjetische Besatzung, die aber von keinem geringeren als Stalin niedergeschlagen wurden. Während der Stalinischen Säuberungsaktionen in den 30er bis 50er Jahren wurden circa 30.000 Georgier umgebracht oder verschwanden in den Gulags.

Widerstand gegen die sowjetische Vorherrschaft

In Sowjetzeiten kam es immer wieder zu Widerständen gegen die sowjetischen Eliten und Funktionäre. In Georgien gab es zudem eine gut florierende Schattenwirtschaft und Korruption  enormen Ausmaßes. Es kam zu Demonstrationen in Tbilisi anläßlich der geplanten Enthüllung eines Stalindenkmals. Dabei kamen zehn Personen durch einen Giftgaseinsatz zu Tode, viele behielten bleibende Gesundheitsschäden. 1978 kam es Problemen in Abchasien. Die politische Situation war instabil, Systemkritiker wurden verfolgt. 1983 kam es zu einem Vorfall. die vom harten Durchgreifens des Staates zeugte. Eine Gruppe junger Menschen hatte versucht, einen Linienflug der Aeroflot in die Türkei zu entführen. Die Entführer konnten überwältigt werden und die Maschine flog zurück. Die jugendlichen Entführer wurden dafür unter Schewardnadse ein Jahr später hingerichtet. Mitte der 1980er Jahre in den Perestroika- und Glasnost-Zeiten wurde Schewardnadse als Außenminister nach Moskau berufen. Ein Machtvakuum war die Folge und es kam wieder zu nationalistischen Ausschreitungen gegen die kommunistischen Eliten. Im April 1989 eskalierte die Situation durch Massenstreiks vor dem Parlamentsgebäude. Sowjetische Truppen schritten mit Giftgas und Spaten ein. Über 20 Menschen wurden getötet.

Unabhängigkeit

Nach all diesen Vorfällen überraschte nicht, dass für die meisten Georgier nur die politische Unabhängigkeit von der Sowjetunion infrage kam. Südossetien rief bereits im April 1990 eine souveräne Republik aus. Der Oberste Sowjet von Georgien beendete daraufhin die Selbstverwaltung Südossetiens. Am 28. Oktober 1990 wurde Zwiad Gamsachurdia an die Spitze des Obersten Sowjets in Georgien gewählt. Unverzüglich setzte er sich für die Unabhängigkeit des Landes ein. Am 31. März 1991 wurde die Loslösung von der Sowjetunion beschlossen. Der GUS erteilte er eine Absage und am 26. Mai 1991 wurde er zum ersten Präsidenten Georgiens gewählt. Im Dezember 1991 kam es zu einem Militärputsch. Als im Juli dann auch der Oberste Sowjet Abchasiens die Unabhängigkeit erklärte, kam es zu schwereren bewaffneten Kämpfen in der Region. Ein vereinbarter Waffenstilstand wurde von Abchasien drei Monate später im Oktober 1993 gebrochen und 250 000 Georgier wurden vertrieben. 10 000 Menschen verloren dabei ihr Leben. Präsident Gamsachurdia kehre 1993 nochmals nach Georgien zurück und versuchte in der westgeorgischen Stadt Kutaisi die Macht zu erringen. Russland entsandte daraufhin Truppen nach Georgien. Gamsachurdia begab sich auf die Flucht und kam ums Leben. Wie er zu Tode kam ist nicht geklärt.

Annäherung an den Westen – Saakaschwilli wird Staatsoberhaupt

Nach den Bürgerkriegen zu Beginn der 90er Jahre knüpfte Georgien enge Beziehungen zu den USA, die aufgrund geopolitischer Interessen darauf eingingen. Es folgte eine strategische Partnerschaft mit der NATO, Georgien wurde in den Europarat aufgenommen und hatte Ambitionen der NATO und auch der EU beizutreten. Die USA entsandte Militärberater nach Georgien. Andererseits stagnierte das Land und entwickelte sich auch wirtschaftlich kaum. Die Lebensbedingungen waren prekär, oft gab es kein Strom und Wasser. Vor allem junge Menschen verließen das Land.

Mit der Unterstützung von 100 000 Demonstranten, die vor dem Parlament gegen Wahlbetrug protestierten, wurde in der Nacht vom 22. zum 23. November 2003 Schewardnadse seines Amtes enthoben. mit der Unterstützung von Micheil Saakaschwili und seinen Anhängern. Parlamentspräsidentin Burdschanadse beauftragte Surab Schwania vorrübergehend die Regierungsgeschäfte zu übernehmen. Im Januar 2004 gewann Saakaschwili die Neuwahlen und wurde der neue Präsident Georgies. Doch bereits  2007 kam es auch gegen ihn zu Protesten aufgrund seines autoritären Führungsstils.

Der Krieg 2008

Seit Jahren schon schwelte der Konflikt um die abtrünnigen Regionen Abchasien und Südossetien zwischen Georgien und Russland. Zusehends nahmen die Spannungen zwischen Russland und Georgien zu und am 8. August 2008 schlug der  Konflikt in eine kriegerische Auseinandersetzung um. Russlands damaliger Präsident Dmitrij Medwedjew hatte bei einer Sitzung des Nationalen Sicherheitsrats in Moskau „Gegenmaßnahmen" gegen die „Militäroffensive Georgiens" angekündigt. Russland griff daraufhin Georgien sowohl aus der Luft als auch über Land und See an. Der Krieg dauerte fünf Tage, weshalb er auch 5-Tage-Krieg genannt wird. Russlands Panzer hatten den Westen kalt erwischt. Der Kaukasus-Konflikt hatte große Auswirkungen auf das Verhältnis von EU und USA zu Russland. Die Ost-West-Beziehungen gerieten in eine ernste Krise.

Die im Auftrag der EU tätige unabhängige Fact-Finding-Mission on the conflict in Georgia (IIFMCG) hatte deutlich gemacht, dass die operierenden russischen Truppen auf georgischem Territorium gegen internationales Recht verstoßen hatten.

Weitere Informationen zum Krieg


Saakaschwilis Erbe

Viele Georgier sahen im autoritären Führungsstil Saakaschwilis zunehmend ein Problem. Der Opposition war seine Politik zu  proamerikanisch und antirussisch. Im Oktober 2010 erwirkte das Parlament eine Verfassungsänderung. Aus der Präsidialrepublik wurde eine parlamentarische Demokratie. Saakaschwili hätte noch einmal eine Legislaturperiode regieren können. Doch der Multimiliardär Bdzina Iwanischwili investierte enorme Geldbeträge und gründete 2011 eine Bürgerbewegung aus verschiedensten Gruppierungen,  aus der im April 2012 die Oppositionspartei „Georgischer Traum“ hervorging. Sie gingen massiv gegen die „Vereinte Nationale Bewegung“, der Regierungspartei von Saakaschwili, vor.  Das politische Kräfteverhältnis verschob sich und im Herbst 2012 gewann Iwanischwili die Wahlen und wurde als Premierminister vereidigt.

Nach diesen Präsidentschaftswahlen normalisierten sich die Beziehungen zu Russland vorerst. Russland wird dennoch vorgeworfen, georgisches Territorium zu okkupieren. Wohl auch deswegen wurde der prowestliche Kurs der georgischen Regierung bekräftigt. Im Februar 2017 gewährte die EU den Georgiern eine Visafreiheit für den Schengen-Raum für 90 Tage.

Autor: Ralph Hälbig. Aufbereitung für das Netz: Internetredaktion der LpB

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