Gesellschaft in Estland

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Die Migration innerhalb der Sowjetunion hat dazu geführt, dass etwa ein Drittel der Bevölkerung Estlands Ende der 1980er Jahre aus Nicht-Esten bestand. Die größte Minderheit bildeten mit etwa 30% die ethnischen Russen.

Nach dem Erlangen der Unabhängigkeit stellte sich die Frage, wie sie in die estnische Gesellschaft integriert werden können. Um diesem Problem gerecht zu werden, hat die Regierung eine Reihe von Maßnahmen ins Leben gerufen. So erhielten z. B. alle Personen, die zum Zeitpunkt der Unabhängigkeit in Estland einen festen Wohnsitz hatten, das Recht auf eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis. Menschen, die länger als fünf Jahre in Estland leben, die Sprache beherrschen, die Verfassung kennen und eine Loyalitätserklärung abgeben, können die estnische Staatsbürgerschaft bekommen. Zusätzlich wurden Maßnahmen zur Förderung des Erwerbs der estnischen Sprache ins Leben gerufen und Erleichterungen bei der Familienzusammenführung beschlossen. Auch das Wahlrecht wurde angepasst: Auf kommunaler Ebene dürfen alle ständigen Einwohner wählen, d. h. auch russische Staatsbürger und Staatenlose.

Über 140 000 Personen, das sind über 50 Prozent der Nicht-Esten, haben bereits die estnische Staatsbürgerschaft erworben. Weit über 100 000 Einwohner Estlands wollen sich jedoch mit dem Staat, in dem sie leben, nach wie vor nicht identifizieren und sind teils staatenlos, teils russische Staatsbürger. Zudem ist für ältere Russen, die oftmals schlecht oder gar nicht Estnisch sprechen, der geforderte Sprachtest sehr schwer zu bestehen.

Das ganze Ausmaß des Problems wurde im April 2007 deutlich, als die Verlegung eines sowjetischen Ehrenmals zu gewaltsamen Demonstrationen der Russen in Tallinn und anderen Städten führteDas Denkmal sollte von seinem Platz in der Stadtmitte an den Rand der Stadt verlagert werden. Viele Russen in Estland sahen dies als eine bewusste Herabwürdigung der Rolle der Roten Armee bei der Vertreibung der deutschen Wehrmacht im Jahr 1944. Bei den teils auch gewalttätigen Demonstrationen kam ein Demonstrant ums Leben.

In den letzten Jahren ist der Anteil der Russen an der estnischen Bevölkerung durch Auswanderung oder Rückwanderung nach Russland geschrumpft. 2011 betrug der Anteil der Russen an der Bevölkerung nur noch ein Viertel der Bevölkerung. Der Anteil der Esten ist auf knapp 70% gestiegen. Insgesamt leidet das Land an starker Auswanderung (vor allem in andere EU Staaten und Kanada)  und einem damit verbundenen deutlichen Bevölkerungsrückgang. So ist seit der Unabhängigkeit die Bevölkerungszahl von 1.560.000 auf nur noch 1,3 Millionen im Jahr 2013 zurückgegangen.

Mit staatlichen Programmen wie „Integration in die estnische Gesellschaft 2000–2007“ und „Nationaler Integrationsplan 2007–2013“ versucht die Regierung auch weiterhin die Integration der Minderheiten in den Griff zu bekommen.


Quellen:

Urdze, Andrejs: Die Rückkehr der baltischen Staaten nach Europa, in: Der Bürger im Staat 2-3/2004, S. 102-107.
www.auswaertiges-amt.de
www.dw.de, 28.4.2007 „Die Unruhen gehen weiter“

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