Politisches System und aktuelle Politik in der Republik Moldau

Von der Verfassung her ist Moldau demokratisch, jedoch wird die Republik im Demokratieindex als Hybridregime eingestuft und von Beobachtern bisweilen als „captured state“ bezeichnet. Das Land ist gespalten, während die einen eher für eine Annäherung an Russland plädieren, verfolgen vor allem die Liberaldemokraten einen Kurs in Richtung Europäische Union. Der 1990 begonnene Konflikt um die abtrünnige Region Transnistrien mündete kurzzeitig in einer kriegerischen Auseinandersetzung, galt dann über viele Jahre als „eingefrorener” Konflikt und sorgt jüngst im Zuge des Ukraine-Krieges wieder für Unruhen. 

Informationen über die aktuelle Lage im Konflikt um Transnistrien und die Zusammenhänge mit dem Krieg in der Ukraine


 

Aktuelle Politik

Die Republik Moldau ist nicht nur flächenmäßig sehr klein, sondern auch was die Bevölkerung anbelangt mittlerweile auf nur noch cirka 2,5 Millionen Einwohner geschrumpft. Hunderttausende kehrten dem Land in den letzten Jahren den Rücken. Das Land gilt als Armenhaus Europas, weshalb vor allem junge Menschen Moldau verlassen, da sie keine Perspektive mehr für sich sehen. Dieser massive Bevölkerungsrückgang wird zunehmend auch als existenzielle Krise diskutiert. Diese wirtschaftliche Dauerkrise besteht im Grunde schon seit der Unabhängigkeit im Jahr 1991. Zudem ist das Land seit jeher gespalten zwischen Befürwortern einer Annäherung an die EU und den Westen und jenen, die an engen Beziehungen zu Russland festhalten wollen, was immer wieder zu Konflikten führt.

„Captured state“  - Korruption und Oligarchien

Von der Verfassung her ist das Land demokratisch, jedoch wird es im Demokratieindex als Hybridregime eingestuft und von Beobachtern bisweilen als „captured state“ bezeichnet. Die Republik Moldau sei ein gekaperter Staat, in dem die Regierung allein die Interessen von Oligarchen vertrete.
2015 kam es in Moldau zu anhaltenden Protesten gegen die Korruption im Land, die seit Jahren die Politik bestimmt. Ein Bankenskandal erschütterte das Land, bei dem es um eine Summe von einer Milliarde Euro (15 Prozent des moldauischen Bruttosozialprodukts) ging, die illegal außer Landes transferiert wurde. Den damals amtierenden Präsidenten Nicolae Timofti beschuldigten sie, den Interessen der Oligarchen zu dienen und nicht entschieden gegen Korruption vorzugehen. Außer Timoftis Rücktritt forderten die Demonstranten damals Neuwahlen, die Entlassung der Manager der Zentralbank sowie des Generalstaatsanwalts und die Verurteilung von korrupten Oligarchen. Die Proteste, die schnell als „Maidan“ bezeichnet wurden, waren in zwei Lager unterteilt – ein EU-freundliches und ein prorussisches.

Das Land stürzte in eine Regierungs- und Verfassungskrise. 2015 kam es mehrmals hintereinander zu Versuchen, das Amt des Ministerpräsidenten dauerhaft zu besetzen. Daraufhin kam es erneut zu Massenprotesten, da die Regierung weiterhin Oligarchen als Nachfolger vorschlug.
Nachdem eine Verfassungsänderung rückgängig gemacht worden war, konnten die moldawischen Bürgerinnen und Bürger erstmals seit 1997 ihren Staatschefwieder direkt wählen. Bei der Präsidentschaftswahl 2016  kandidierte die pro-europäische Oppositionspolitikerin Maia Sandu für das Amt, musste sich jedoch bei der Stichwahl gegen den prorussischen Kandidaten Igor Dodon geschlagen geben. Der als Verbündeter Moskaus geltende Dodon trat 2016 seine Präsidentschaft an.

Die  Palamentswahl 2019galt als richtungsweisend für das südosteuropäische Land. Wie erwartet konnte keine Partei eine absolute Mehrheit erreichen: Das Land stand vor einer schwierigen Regierungsbildung. Seit der Wahl befindet sich Moldau in einer politischen Dauerkrise, eine nicht zu lösende Regierungsbildung, eine weitere Verfassungskrise,  Misstrauensvotum, Parlamentsauflösung und Rückrtitte bereiteten den Weg hin zu Neuwahlen..

Hoffnung auf Neuanfang

Bereits mit der Präsidentschaftswahl 2020  keimte Hoffnung auf für einen Neuanfang. Die pro-europäische Kandidatin Maia Sandu jonnte sich durchsetzen und gewann die Wahl mit 57,74 Prozent der Stimmen vor dem amtierenden Präsidenten Igor Dodon mit 42,26 Prozent der Stimmen. Im Präsidentschaftswahlkampf hatte sie deutlich gemacht, dass sie im Falle eines Wahlsieges eine Annäherung an die EU anstrebt, um Moldau aus der schweren Wirtschaftskrise zu führen. Doch Maia Sandu hatte einen schwerden Stand. Ihr Bemühen, das Land aus der Regierungskrise zu führen, mit dem Versuch, den Weg für parlamentarische Neuwahlen frei zu machen, stieß auf viel Widerstand.

Bei der Parlamentswahl 2021 führte sich der Zweikampf um die Macht fort. Die Mitte-Rechts-Partei PAS von Präsidentin Maia Sandu kam laut offiziellem Wahlergebnis auf 52,8 Prozent der Stimmen, Das Bündnis von Sozialisten und Kommunisten (BESC) unter Führung des pro-russischen Ex-Präsidenten Igor Dodon landete mit 27,2 Prozentpunkten weit dahinter auf dem zweiten Platz. Damit haben die Bürgerinnen und Bürger der Republik Moldau weiter für eine prowestliche Ausrichtung ihres Landes gestimmt. Moldaus Bevölkerung setzt also große Hoffnungen in Sandus Partei und einen Neuanfang für das Land. Zur Ministerpräsidentin wurde Natalia Gavrilița (PAS) ernannt. Nach nur anderthalb Jahren im Amt gab Ministerpräsidentin Gavrilita Anfang 2023 ihren Rücktritt bekannt. Nachfolger wurde Innenminister Dorin Recean. der im Februar 2023 das Amt übernahm.

Corona-Krise

Da Ende 2020 auch der Gesundheitsminister zurücktrat, samt seiner Staatssekretäre, war es nicht verwunderlich, dass im Land bislang kaum etwas in Richtung Impfungen unternommen wurde. Noch dazu aufgrund der schlechten wirtschaftlichen Lage lag es auf der Hand, dass kaum Gelder für die Beschaffung von Impfstoffen zur Verfügung standen. Im  Haushalt für 2021 seien keinerlei Mittel für Anti-Covid-Maßnahmen vorgesehen, beklagt Ala Nemerenco, eine Beraterin der Präsidentin im Bereich Gesundheit. Über die Plattform COVAX soll die Republik Moldau 20 Prozent der nötigen Impfdosen bekommen. Außerdem hat Rumänien versprochen, dem kleinen Nachbarland bis zu 200.000 Impfdosen zur Verfügung zu stellen.

Transnistrien-Konflikt

Ein die moldauische Politik beherrschendes Thema ist weiterhin auch der Umgang mit den separatistischen Regionen Transnistrien und Gagausien. Während Gagausien einen von der moldauischen Regierung angebotenen Autonomiestatus akzeptierte, gestalten sich die Verhandlungen mit Transnistrien wesentlich schwieriger. Bereits 1992 spaltete sich Transnistrien ab, wo vor allem Russisch gesprochen wird.
Der Transnistrien-Konflikt ist nicht nur eine Auseinandersetzung zwischen Eliten  oder verschiedensprachigen Bevölkerungsteilen; er hat daneben auch eine geostrategische Dimension um den Einfluss der Großmächte USA und Russland in Südosteuropa.

Im Zuge des Ukraine-Krieges 2022 drohen die Auseinandersetzungen wieder aufzuflammen.

Informationen über die aktuelle Lage sowie Hintergründe im Transnistrien-Konflikt


 

Verfassung

Die Verfassung der Republik Moldau ist seit 1994 in Kraft. Der Verfassungstext beinhaltet einen Katalog der Grundrechte, legt die Prinzipien der Gewaltenteilung fest und entspricht durchaus den Grundsätzen parlamentarischer Demokratie. Die Verfassungspraxis weicht jedoch öfter von diesen Vorgaben ab. Entgegen verfassungsrechtlicher Bestimmungen hat der Staatspräsident einen großen Einfluss auf die Regierungsarbeit.

Immer wieder seit Bestehen der Verfassung wurden Wahlen von erheblichen Protesten begleitet und stießen auch auf Kritik seitens der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit OSZE. So wurden im Vorfeld der Parlamentswahlen 2005 einige Kandidaten der Opposition am Wahlkampf gehindert. Zudem war der Zugang der Opposition zu freien Medien eingeschränkt. Vertreter der Opposition beklagten, dass die Polizei Druck auf sie ausgeübt habe und die regierenden Kommunisten ihren Einfluss in der öffentlichen Verwaltung missbraucht hätten.

Zuletzt erlebte Moldau 2013 eine schwere Regierungs- und Verfassungskrise. Nach einem Koalitionsstreit hatte Präsident Flad Vilat angekündigt, die Liberaldemokraten würden die Regierungskoalition verlassen. Als Grund führte er sein Missfallen an der wachsenden Korruption an. Daraufhin wurde ein Misstrauensvotum gegen ihn gestellt und bis zur Einsetzung eines neuen Premierministers vergingen fast sechs Monate politischer Lähmung.

Präsident

Die Amtsperiode des Staatspräsidenten dauert vier Jahre. Laut Verfassung ist er der Garant der Souveränität, Unabhängigkeit, Einigkeit und Integrität der Nation. Seit 2016 wird der Präsident wieder direkt von der moldauischen Bevölkerung gewählt - ab 1997 war das dem Parlament vorbehalten - und darf nur einmal zur Wiederwahl antreten. Der Staatspräsident kann das Parlament auflösen, allerdings nur, wenn der Gesetzgebungsprozess über drei Monate blockiert ist, oder wenn das Parlament keine Regierung berufen kann. Die Parlamentsauflösung darf nur einmal im Jahr erfolgen.

Aus der Präsidentschaftswahl 2020 ging  Maia Sandu als Siegerin hervor. Sie ist die ehemalige Ministerpräsidentin und Kandidatin der Partei Aktion und Solidarität (PAS), einer sozialliberal und proeuropäisch ausgerichteten Mitte-Rechts-Partei. Die Wahl fand vor dem Hintergrund des ungelösten Konflikts mit Transnistrien statt.

Parlament

Das Parlament wird alle vier Jahre vom Volk gewählt. Die Regierung ist dem Parlament verantwortlich. Es muss sowohl den vom Präsident vorgeschlagenen Kandidaten für das Amt des Regierungschefs als auch die von ihm einberufenen Minister bestätigen. Die Gesetzesvorschläge werden von Abgeordneten oder von der Regierung ins Parlament eingebracht.

Die Parlamentswahl 2019 galt als richtungsweisend für das südosteuropäische Land. Wie erwartet konnte keine Partei eine absolute Mehrheit erreichen. Die Sozialistische Partei (PSRM) mit ihrer Vorsitzenden Zinaida Greceanî ist die Gewinnerin der Wahl. Sie kam auf 31,4 Prozent der Stimmen und verfügt künftig über 34 der 101 Sitze im Parlament. Die PSRM spricht mehrheitlich russischsprachige Wähler an und gilt als russlandfreundlich.

Eine zentrale Frage für die Zukunft wird sein, ob Russland seinen Einfluss in dem 3,5 Millionen Einwohner zählenden Land festigen kann. Moskau betrachtet die Republik Moldau als Teil seiner Interessensphäre.

Im Juli 2016 ist das zwei Jahre zuvor unterzeichnete Assoziierungsabkommen zwischen Moldau und der EU vollständig in Kraft getreten. Knapp die Hälfte der Menschen in Moldau spricht sich für eine Mitgliedschaft in der Europäischen Union aus. Tatsächlich verhindern die Konflikte um Transnistrien und Gagausien, aber auch die politischen Skandale derzeit eine engere Kooperation mit der EU. Eine EU-Vollmitgliedschaft scheint in weite Ferne gerückt.

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