Lage der Opposition und Umgang mit Minderheiten in Rumänien

Die rumänische Verfassung definiert Rumänien als einen rumänischen Nationalstaat. Allerdings ist die Gesellschaft des südosteuropäischen Landes in der Realität multiethnisch geprägt. Dem Zensus von 2011 zufolge gaben mehr als zehn Prozent der Bevölkerung an, einer der nicht-rumänischen Minderheiten anzugehören. Zu den größten nationalen Minderheiten zählen die knapp 1,2 Millionen Ungarn (6,1% der Bevölkerung), die je nach Schätzung eine halbe bis zwei Millionen Roma (3-10%) sowie Ukrainer (0,3%) und Deutsche (0,2%). Außerdem leben viele weitere historische Volksgruppen auf dem Gebiet Rumäniens, wie Tartaren, Bulgaren, Juden, Serben, Armenier und Griechen. Artikel 6 der rumänischen Verfassung sichert ethnischen Minderheiten explizit den Schutz ihrer Identität, Kultur und Sprache zu. Eine rumänische Besonderheit ist die in Artikel 62 garantierte politische Repräsentation im Parlament aller nationalen Minderheiten, die andernfalls keine Mandate erringen würden. Nach den Parlamentswahlen 2020 verfügen daher aktuell insgesamt 18 Parteien mit Minderheitenstatus jeweils über einen Sitz im Parlament, die jedoch traditionell die jeweils regierende Koalition unterstützen.

Nicht auf diese Sitzgarantie angewiesen ist die 1989 gegründete liberal-konservative Partei Demokratische Union der Ungarn in Rumänien (UDMR), die sich traditionell für mehr Autonomie der ungarischen Minderheit einsetzt und schon mehrfach als Juniorpartnerin an Regierungen beteiligt war. Vor allem in Transsilvanien, wo Ungarn fast ein Fünftel der Bevölkerung ausmachen, hat die Partei eine solide Basis. Die Beziehungen zwischen ungarischer Minderheit und rumänischer Mehrheitsbevölkerung sind immer wieder von Spannungen geprägt. Neben kleineren, bisher lokal begrenzten gewaltsamen Zusammenstößen, zählt dazu in den letzten Jahren zunehmend die Politik der ungarischen Regierung von Viktor Orban, die die kulturellen und politischen Einrichtungen der „Auslandsungarn“ in Rumänien und anderen Nachbarländern mit vielen Millionen Euro im Jahr unterstützt. Von Orban kontrollierte ungarische Medien verbreiten die illiberale, ethnozentrische und fremdenfeindliche Linie der ungarischen Regierung auch in der ungarischen Minderheit in Rumänien. Zuletzt trat 2018 Peter Eckstein-Kovacs als Vorsitzender der UDMR zurück, da sie sich aus seiner Sicht zu einem Anhängsel der ungarischen Regierungspartei Fidesz entwickelt habe. Aber auch rumänische Politikerinnen und Politiker bedienen sich regelmäßig anti-ungarischer Rhetorik und nutzen anti-ungarische Ressentiments in der rumänischen Bevölkerung aus.

Roma stellen die mit Abstand marginalisierteste nationale Minderheit Rumäniens dar. Sie verfügen anders als die ungarische Minderheit über keine, in einem angemessenen Verhältnis zu ihrem Bevölkerungsanteil stehende, politische Repräsentation. Wie in vielen Ländern Südosteuropas, gehören Roma auch in Rumänien zu den ärmsten, am stärksten benachteiligten und diskriminierten Teilen der Gesellschaft. Selbst ein im Dezember 2020 verabschiedetes Gesetz, welches Roma vor Hassrede und anderen Formen der Diskriminierung sowie Gewalt schützen soll hat daran bislang wenig geändert. Nach wie vor werden Roma regelmäßig Opfer von Misshandlungen und Polizeigewalt, die in den meisten Fällen straflos bleibt. Die systematische Diskriminierung erstreckt sich auch auf die meisten anderen Institutionen, wie die Justiz, das Bildungssystem oder lokale Verwaltungen. Große Teile der rumänischen Mehrheitsbevölkerung dulden oder befürworten romafeindliches Verhalten.

Trotz ihrer Entkriminalisierung im Jahr 2002 sind Lesben, Schwule, Bi-, Trans-, Queer und Intersexuelle (LGBTQI) noch immer regelmäßiger Diskriminierung ausgesetzt. Die Ehe ist gleichgeschlechtlichen Paaren weiterhin verwehrt. Häufig werden in Rumänien verbreitete Ressentiments gegen die LGBTQI-Gemeinschaft von Politikerinnen und Politikern instrumentalisiert. Zuletzt versuchte die PSD-Regierung gemeinsam mit der Rumänisch-Orthodoxen Kirche 2018 in einem umstrittenen Referendum die Verschiedengeschlechtlichkeit von Ehepartnerinnen und Ehepartnern in der Verfassung zu verankern, welches jedoch an einer zu geringen Beteiligung scheiterte.
Historisch bildete die deutschsprachige Minderheit, vor allem in Siebenbürgen und dem Banat, eine der größten Minderheiten des Landes. In mehreren Auswanderungswellen nach dem zweiten Weltkrieg verließen jedoch mehrere Millionen Rumäniendeutsche das Land Richtung Deutschland. Heute lebt nur noch eine einige zehntausend Angehörige zählende, allerdings politisch und kulturell durchaus sichtbare deutschsprachige Minderheit in Rumänien, darunter der aktuell amtierende rumänische Präsident Klaus Johannis.


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