Politisches System und aktuelle Politik in Rumänien

 

Aktuelle Politik

Die Herausbildung der Demokratie nach der Wendezeit 1989 vollzog sich in Rumäninen mit Verzögerung und bis heute bestehenden Defiziten. Erst zu Beginn des neuen Jahrtausends hatte sich allmählich eine fragile Demokratie mit freien und allgemeinen Wahlen herausgebildet. Die kommunistische Nachfolgepartei, die Partei der Sozialdemokratie Rumäniens (PDSR, später Sozialdemokratische Partei – PSD), arrangierte sich mit dem neuen politischen System, errang regelmäßig Wahlerfolge und stellte bereits Anfang der 2000er Jahre wieder regelmäßig den Ministerpräsidenten. Die Machtbasis der PSD bildete ein Netzwerk aus „roten Baronen“ mit engen persönlichen Verbindungen zur lokalen Wirtschaft. Im bürgerlichen Mitte-Rechts-Lager wiederum setzte sich zunehmend die Nationalliberale Partei (PNL) als dominante Kraft durch und konnte in der Folgezeit auch mehrfach selbst Regierungen bilden. Grassierende Korruption über alle sozialen Schichten hinweg und eine weitverbreitete „Selbstbereicherungsmentalität“ der politischen Eliten bildeten in Verbindung mit der allgegenwertigen Armut zu Beginn des Jahrtausends die größten Probleme auf dem Weg zu einem demokratischen und rechtsstaatlichen Gemeinwesen.

Wahlen

Präsident des Landes ist seit 2014  Klaus Iohannis  (PNL). Nach seiner Wiederwahl bei der Präsidentschaftswahl 2019konnte er seine zweite Amtszeit antreten. Er setzte sich in einer Stichwahl mit 66,1 Prozent gegen die Ex-Premierministerin Viorica Dancila durch.

Aus der Parlamentswahl 2016ging, wie bereits zuvor prognostiziert, die sozialdemokratische PSD als Sieger hervor. Die Partei erreichte  rund 47 Prozent der Stimmen. Die Wahl klar verloren hatte die Mitte-Rechts-Partei PLN, die etwa 20 Prozent der Stimmen auf sich vereinen konnte. Neu ins Parlament kam die erst im Vorfeld der Kommunalwahlen ein halbes Jahr zuvor gegründete ökoliberale "Union rettet Rumänien" (USR) mit 8,5 Prozent.

Sorin Grindeanu (PSD) wurde im Dezember 2016 zum Ministerpräsidenten ernannt, seine Legislaturperiode endete jedoch bereits im Juni 2017, seine Regierung  wurde mit einem Misstrauensvotum gestürzt. Grund für die Abstimmung war die Haltung des Regierungschefs zum Korruptionsstrafrechts, dessen Lockerung er nicht zulassen wollte.

Auch in den folgenden Jahren kam es laufend zu Wechseln in der Regierung und ständigen Neubesetzungen des Amts des Ministerpräsidenten.  Angesichts der ständigen Krisen in der Regierungspartei PSD hatte Staatspräsident Klaus Iohannis, bereits im Oktober 2017 Zweifel an der Regierungsfähigkeit der Partei geäußert und angedeutet, er könne sich weigern, erneut einen Sozialdemokraten mit der Regierungsbildung zu beauftragen. Er zeigt sich besorgt und mahnte, diese Phase der Unsicherheiten zu beenden.

Bei der Parlamentswahl 2020 im Dezember blieben die Sozialdemokraten  stärkste Kraft in Abgeordnetenkammer und Senat – vor der Regierungspartei PNL und dem Reformbündnis USR-PLUS. Auch eine ultranationalistische Partei zog ins Parlament ein. Staatspräsident Klaus Iohannis steht der nationalliberalen Partei PNL nahe und hatte nach der Wahl angekündigt, die Bildung eines Mitte-Rechts-Bündnisses anzustreben. Florin Cîsu  (PNL) wurde zum Ministerpräsidenten ernannt.Nach nur zehnmonatiger Amtszeit ist die aktuelle Regierung gescheitert. Ein Misstrauensvotum zwang Citu zum Gehen, vorausgegangen war ein Bruch der Regierungskoalition. Dies wird voraussichtlich eine lange Phase der Instabilität und des Reformstaus zur Folge haben wird.

Korruption und umstrittene Justizreform

Rumänien zählt zu den  korruptesten Ländern Europas. Im Korruptionswahrnehmungsindex von Transparency International belegt Rumänien lediglich Rang 59 (Ungarn liegt auf Rang 66 und Bulgarien auf Rang 71). Weil Rumänien die Vorgaben der EU zur Bekämpfung der Korruption und zur Reform der Justiz bis zum EU-Beitritt im Jahr 2007 nicht erreicht hat, befindet sich das Land - wie auch Bulgarien - seit 2008 in einem Kooperations- und Kontrollverfahren unter Federführung der Europäischen Kommission, im Rahmen dessen weitere Fortschritte angemahnt und kontrolliert werden.

Schon seit einigen Jahren kommt es zu Protesten gegen die Korruption im Land sowie die regierenden Sozialdemokraten. Im Sommer 2018 eskalierte eine Demonstration in Bukarest brutal. Dabei wurden mehr als 450 Menschen verletzt. Auslöser der Proteste waren Versuche einer korruptionsbilligenden Justizreform sowie die Absetzung der Chefin der Antikorruptionsbehörde durch die regierenden Postsozialisten.


Zur ausführlichen Analyse von Rechtsstaatlichkeit und Demokratie in Rumänien


Corona

Die Coronaepidemie  traf das Land in einer wirtschaftlich und politisch ohnehin schwierigen Lage. Die Staatskassen sind leer, die Regierung hat keine sichere Mehrheit im Parlament, die Regierung der sozialdemokratischen PSD war im November 2019 gestürzt worden. Außerdem ist Rumäniens Gesundheitssystem schwach. Seit dem EU-Beitritt 2007 sind Zehntausende Pflegekräfte und Mediziner ausgewandert, die von den reicheren Mitgliedstaaten zum Teil gezielt abgeworben worden sind. Hinzu kommt, dass  vier der knapp 22 Millionen Rumänen in der Diaspora in verschiedenen EU-Staaten leben. Und die größten Gruppen befinden sich ausgerechnet in jenen Ländern, in denen die Covid19-Pandemie sich stark ausgebreitet hat, wie etwa in Italien und Spanien. Zigtausende Rumäninnen und Rumänen sind in ihre Heimat zurückgekehrt, haben sie doch ihre Verdienstmöglichkeiten in den Gastländern verloren.
Trotz alledem es ist des Land im Vergleich zu anderen EU-Ländern erstaunend gut gelungen, die Impfkampagne voranzubringen. Rumäninen hatte im Frühjahr in Relation schon mehr Prozent seiner Bevölkerung geimpft als etwa in Deutchland. Durch eine relativ erfolgreiche Impfstrategie versucht die Regierung, das verlorene Vertrauen in das Gesundheitssystem wiederzugewinnen.


Informationen zur Situation der Corona-Pandemie in Europa


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Verfassung

Die erste Verfassung Rumäniens nach der sozialistischen Zeit wurde 1991 vom Parlament verabschiedet und in einer Volksabstimmung angenommen. Ein stark überarbeiteter Verfassungsentwurf wurde 2003 von der Mehrheit der rumänischen Bürger angenommen. Allerdings lag die Wahlbeteiligung nur fünf Prozent über der geforderten Mindestgrenze von 50 Prozent. Kurz nach dem Referendum trat die modifizierte Verfassung in Kraft. Sie war vor allem in Hinblick auf die Forderungen der Europäischen Union überarbeitet worden.

Laut Verfassung ist Rumänien ein demokratischer und sozialer Rechtsstaat. Die Verfassung garantiert die Menschen- und Bürgerrechte und legt unter anderem die Kompetenzen der zentralen Machtorgane fest. Diese Kompetenzverteilung ist am französischen System orientiert.


 

Präsident

Das Staatsoberhaupt ist der Präsident des Landes. Er wird direkt  für fünf Jahre nach dem Mehrheitswahlrecht gewählt. Eine Wiederwahl ist nur einmal möglich. Der Präsident repräsentiert das Land nach außen und nimmt zeremonielle Aufgaben wahr, wie z.B. die Verleihung von Ehrentiteln oder hohen militärischen Graden. Bei Konflikten zwischen dem Parlament und der Regierung steht ihm die Schiedsrichterfunktion zu. Zudem hat der Präsident Kompetenzen im Bereich der Verteidigungspolitik. Er ist oberster Befehlshaber der Armee und Vorsitzender des obersten Rats für Landesverteidigung.

Parlament

Das rumänische Parlament wird alle vier Jahre gewählt und besteht aus zwei Kammern, dem Abgeordnetenhaus und dem Senat. Das Abgeordnetenhaus besteht derzeit aus 332 Mitgliedern (ein Abgeordnerter pro 70.000 Einwohner), der Senat aus 137 Senatoren (ein Senator pro 160.000 Einwohner).  Bei den Wahlen im Dezember 2016 konnte zum ersten Mal auch per Briefwahl abgestimmt werden. Dies soll insbesondere den im Ausland lebenden Rumänen eine politische Beteiligung ermöglichen. Nationale Minderheiten verfügen über eine Mindestzahl an Sitzen, unabhängig von ihrem Stimmenanteil bei den Wahlen. Im Abgeordnetenhaus entfallen 18 der gesamten Sitze auf Minderheiten.

Die Hauptfunktionen des Parlaments liegen in der Gesetzgebung, in der Ernennung und Absetzung von staatlichen Autoritäten sowie in der Ausübung der Parlamentskontrolle.

Die Regierung wird vom Premierminister zusammengesetzt und geleitet. Die Entscheidung darüber, wer Premierminister wird, fällen der Staatspräsident und das Parlament in Abhängigkeit von den Mehrheitsverhältnissen im Parlament. Eine neu zusammengesetzte Regierung bedarf der Zustimmung des Parlaments. Wird sie innerhalb von 60 Tagen nicht gegeben, entscheidet der Staatspräsident, ob er die Regierung entlässt oder das Parlament auflöst.

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