Politisches System und aktuelle Politik in Russland

Die Russische Föderation ist seit 1991 eine Präsidialrepublik mit föderativem Staatsaufbau. In Artikel 1 der Verfassung wird Russland als „demokratischer föderativer Rechtsstaat mit republikanischer Regierungsform“ bezeichnet. De facto gleicht das politische System Russlands heute eher einer Mischung aus Autokratie und Oligarchiemit deutlichen Einschränkungen freiheitlich-demokratischer Grundrechte. So ist im Zusammenhang mit Russland vielfach die Rede von einer gelenkten Demokratie, einer simulierten Demokratie, einer autoritären Präsidialherrschaft oder einer superpräsidentiellen Herrschaft. Seit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine haben sich innenpolitische Repressionen binnen kürzester Zeit massiv verschärft.

 

Aktuelle Politik

Das System Putin

Seit 2000 ist Wladimir Putin – mit einer Unterbrechung von einer Amtsperiode – Präsident Russlands. Eine stramme Machtvertikale unter Präsident Putin, daneben eine schwache, wenn auch mutige demokratische Opposition: So wird das politische Gefüge in Russland oft in den Medien dargestellt. Mit der im Juli 2020 eingeführten Verfassungsreform  hat Putin seine Macht weiter ausgebaut und den Wirkungsraum der Opposition weiter eingeschränkt. Im März 2021 hat  Russland die Möglichkeit des Machterhalts von Kremlchef Putin auch gesetzlich verankert. Die Staatsduma verabschiedete ein Gesetz, das die bisherigen Amtszeiten des Präsidenten auf null setzt und ihm so theoretisch ein Weiterregieren bis 2036 erlaubt.Nach der alten Verfassung von 1993 hätte Putin den Kreml 2024 verlassen müssen.

Nach wie vor kann Putin auf eine breite Unterstützung seitens der russischen Bevölkerung bauen, wenn sie in den vergangenen Jahren auch abgenommen hat. Mit seiner Losung für Stabilität, Wirtschaftswachstum und bessere Lebensbedingungen, mit der Putin schon 2000 in den Wahlkampf zog, kann er bis heute noch punkten. Allerdings bereiteten die Krisen der vergangenen Jahre diesem Trend einen Dämpfer, die russische Wirtschaft krankt, die Corona-Pandemie hinterlässt ihre Spuren. Mit massiven Repressionen auf der einen Seite und einer beispiellosen Propagandakampagne auf der anderen versucht Putin derzeit die breite Öffentlichkeit in Russland im Ungewissen über den von ihm begonnenen Krieg gegen die Ukraine zu lassen, um sich so seine Zustimmungswerte weiterhin zu sichern.

Wahlen

Was die Präsidentschaftswahlen anbelangt, sitzt  Wladimir Putin seit vielen Jahren fest im Sattel. Bei der Präsidentenwahl im März 2024  Laut Prognosen der zentralen Wahlkommission wird Putin demnach mit 87 Prozent der abgegeben Stimmen für sechs weitere Jahre an der Spitze des Landes stehen. Auch in den von Russland besetzten ukrainischen Gebieten, die völkerrechtlich nicht zu Russland gehören, wurde die Wahl durchgeführt. Aus einem Bezirk im fernen Osten und ausgerechnet aus dem ukrainischen Gebiet Donezk: Dort sollen angeblich über 95 Prozent der Menschen auf den Stimmzetteln Putins Namen angekreuzt haben. Putin tritt nun seine fünfte Amtszeit im Kreml an.
Auch aus den vorangegangenen Wahlen wie der Präsidentschaftswahl 2018war Putin mit großem Abstand als Sieger hervorgegangen.

Ebenso aus den vergangenen Duma-Wahlen ging die Regierungspartei „Einiges Russland“ stets als Sieger hervor. Bei der Duma-Wahl 2016 erzielte die Regierungspartei mit 54 Prozent der Stimmen die absolute Mehrheit. Die liberale Opposition schaffte es nicht ins russische Parlament. Obwohl die Popularität Putins in den fogenden Jahren etwas abnahm, kam es bei der Duma-Wahl 2021laut offiziellen Auszählungen dennoch abermals zu einem Sieg der Regierungspartei mit rund 50 Prozent der Stimmen, gefolgt von den Kommunisten, die sich mit gut 21 Prozent deutlich verbessern konnten und wieder zweitstärkste Kraft wurden. Somit erzielte die Regierungspartei erneut die absolute Mehrheit. Mit Repressionen einerseits und Geschenken auf der anderen Seite hatte die Regierung alles daran gesetzt, dass ihre Partei „Einiges Russland“ die Wahl auch dieses Mal gewinnen würde, der Sieger stand im Grunde schon vor der Wahl fest. Die Wahlbeteiligung war gering und wurde mit etwas über 45 Prozent angegeben.

Die Wahl war überschattet von Manipulationsvorwürfen und der Unterdrückung der Opposition im Vorfeld der Wahl; wer tatsächliche Chancen hatte, wurde von der Wahl ausgeschlossen. Auch wenn sich die Umfragewerte der Regierungspartei seit der Duma-Wahl 2016 auf 27 Prozent halbiert hatten, die nötigen Stimmen zusammenzuklauben, sei bislang noch immer gelungen, so Marija Pewtschich aus dem Team des Kreml-Kritikers Alexej Nawalny: „Ein Bus fährt Leute von Wahllokal zu Wahllokal, damit sie mehrfach abstimmen. Oder die Heimabstimmung: mit der Wahlurne zur Wohnungstür und mit einer dicken Mehrheit für ‚Geeintes Russland‘ zurück.“ Bei der letzten Wahl hatte Russland nur verhältnismäßig wenige OSZE-Wahlbeobachter zugelassen, dieses Mal hatte die OSZE gar keine entsendet, die Auflagen waren zu hoch.

Opposition in Russland

Der Begriff „Opposition“ bezeichnet im Russischen zumeist im engeren Sinne Politiker und Parteien jenseits des regierenden „Geeinten Russlands“. Viele Menschen, die dem politischen System kritisch gegenüberstehen oder gegen konkrete Missstände protestieren, sehen allerdings diese Opposition auch skeptisch und würden sich niemals als Oppositionelle bezeichnen. Schließlich ist Opposition in Russland weder in ihrer Programmatik noch in der Praxis zwangsläufig demokratisch oder prowestlich, während gleichzeitig nationalistische und antiwestliche Einstellungen weder mit Regimetreue noch mit Passivität gleichgesetzt werden können, so Mischa Gabowitsch im Russland-Dossier der BpB.

Oppositionelle in Russland sehen sich seit Jahren fortwährenden Repressionen ausgesetzt. Das System Putin versucht alles, die Opposition in Schach zu halten, um an der Macht zu bleiben. Die politische Opposition in Russland sei längst zerschlagen, so die Historikerin Irina Scherbakowa in einem Interview im Deutschlandfunk: „Wir leben in einer Diktatur“. Alles solle kontrolliert, keine Opposition zugelassen werden. Alle wichtigen Entscheidungen würden von einem kleinen Kreis von Menschen um Präsident Wladimir Putin herum getroffen. Auch in Bezug auf den Krieg in der Ukraine werden oppositionelle Stimmen mundtot gemacht. Wer nicht mit Putins Kurs konform geht, hat kaum Chancen, sich Gehör zu verschaffen.

Der Fall Nawalny

Kein Fall hat in den letzten Jahren mehr Aufmerksamkeit erhalten als der des Oppositionspolitikers und Kreml-Kritikers Alexei Nawalny. Er war in den letzten Jahren immer wieder Repressionen ausgesetzt und bereits mehrmals in Haft. Der Giftanschlag auf Nawalny, den er nur knapp überlebte,  sowie die Verhaftung bei seiner Rückkehr nach Russland sorgten im Sommer 2020  international  für Schlagzeilen. In der berüchtigten Strafkolonie östlich von Moskau, in der Nawalny untergebracht wurde, war Nawalny aufgrund der schlechten Haftbedingungen und mangelnder medizinischer Versorgung zunächst in einen wochenlangen Hungerstreik getreten, woraufhin sich sein gesundheitlicher Zustand  dramatisch verschlechterte.  Nach Protesten Tausender Nawalny- Anhänger und auf internationalen Druck wurde er vorübergehend in ein ziviles Krankenhaus  außerhalb des Straflagers verllegt. Dort beendete Nawalny seinen Hungerstreik. Seither befand er sich wieder in der Strafkolonie.Im März 2022 erging schließlich ein Urteil über weitere neun Jahre Haft, wobei auch die neuerliche Haftstrafe im Straflager mit besonders harten Strafbedingungen verbüßt werden musste.

Wie russische Medien Mitte Februar berichteten, ist der russische Oppositionelle Alexej Nawalny nun laut Mitteilung der Gefängnisverwaltung in der Haft verstorben. International ist die Nachricht vom Tod Nawalnys mit Bestürzung aufgenommen worden. Nawalny habe für seinen Mut mit dem Leben bezahlt, so Bundeskanzler Scholz. Der ukrainische Präsident Selenskyj machte Russlands Präsident Putin verantwortlich. 

Nawalny symbolisierte für viele Hoffnung – unabhängig davon, dass sein politischer Handlungsspielraum beständig durch fortwährende Verfolgung und Verurteilungen eingeschränkt wurde. Was ihn von anderen Politikern abhob, war aber nicht so sehr sein Programm, sondern vielmehr sein rhetorisches Talent und seine kompromisslose Gegnerschaft zur herrschenden Elite. Für seinen unermüdlichen Kampf für die Freiheit war Kreml-Kritiker Nawalny im Dezember 2021 vom Europäischen Parlament mit dem Sacharow-Preis ausgezeichnet worden.

Rechtsstaatlichkeit

Immer wieder belegt Russland in internationalen Rankings zur Rechtsstaatlichkeit Plätze in den hinteren Reihen. Ist Russland also kein Rechtsstaat, obwohl die Verfassung von 1993 dies erklärt und Russlands Mitgliedschaft im Europarat ein Bekenntnis zur Rechtsstaatlichkeit mit sich bringt? Zwar entspricht die Rechtswirklichkeit in keinem Land der Welt allen Anforderungen des Rechts. Doch ist die Kluft zwischen Recht und Rechtswirklichkeit laut World Justice Project in den meisten Staaten kleiner als in der Russischen Föderation. Im Kreis der Europarat-Mitglieder schneidet allein die Türkei noch schlechter ab, so Benjamin Reeve im Dossier Rechtsstaatlichkeit für dekoder.org. Jüngst wurde Russland aufgrund dessen vom Europarat suspendiert und hat seinerseits dann auch verkündet, seine Arbeit in diesem Gremium nicht weiter fortzuführen.

Mit der offensichtlichen Desinformationskampagne über den Krieg in der Ukraine, dem neuen Mediengesetz, das die Verbreitung von sogenannten „Falschinformationen“ unter hohe Strafen bis zu 15 Jahren Gefängnis stellt, dem harten Vorgehen gegen Anti-Kriegsdemonstrationen im Land sowie dem Verbot kremlkritischer Medien und diverser Social-Media-Plattformen hat Präsident Putin jegliche Tarnung aufgegeben und sich ganz offen von rechtsstaatlichen Prinzipien abgewandt. Auch auf die Einhaltung internationalen Rechts legt er offensichtlich keinen Wert mehr, indem er mit seinem aggressiven Angriffskrieg gegen die Ukraine mit den im Völkerrecht verankerten Konventionen bricht.


Zur ausführlichen Analyse von Rechtsstaatlichkeit und Demokratie in Russland


Der Russland-Ukraine-Konflikt – Angriffskrieg auf die Ukraine

Die völkerrechtswidrige Annexion der Krim 2014 durch Russland und der militärische Konflikt im Osten des Landes stellen die Ukraine seit Jahren vor eine schwere Belastungsprobe. In Teilen des Landes herrschten bürgerkriegsähnliche Zustände. Die selbst ernannten, aber international nicht anerkannten „Volksrepubliken“ in den ukrainischen Regionen Donezk und Luhansk fielen de facto unter russische Kontrolle. Das vereinbarte Minsker Abkommen über eine anhaltende Waffenruhe und Befriedung des Landes wurde immer wieder gebrochen. Im Frühjahr 2021 sind die Kämpfe erneut aufgeflammt. Angesichts der erneuten Eskalation der Lage im Grenzgebiet zur Ostukraine hatte Russland ein großes Truppenaufgebot an der Grenze zur Ukraine und auf der annektierten Halbinsel Krim zusammengezogen. Im Falle einer weiteren Zunahme von Kampfhandlungen hatte Russland mit einem militärischen Eingreifen zum Schutz seiner Staatsbürger gedroht. Der ukrainische Botschafter Andrij Melnyk sprach von den massivsten Truppenbewegungen Russlands seit dem Zweiten Weltkrieg: An der Grenze zur Ukraine  spielten sich reale Kriegsvorbereitungen ab, sagte Melnyk bereits im April 2021. 100.000 russische Soldaten waren an die Grenze zur Ukraine verlegt worden. „Das ist die Hälfte unserer Gesamtarmee“, so Melnyk damals; er forderte internationale Unterstützung.

Im Juli 2021 veröffentlichte Putin einen Artikel, in welchem er die Einheit des russischen und ukrainischen (wie auch des belarussischen) Volkes betonte und Gebietsansprüche in der Ukraine erhob. Die Zweistaatlichkeit sei ein Unfall der Geschichte. Der Artikel sei eine Grundlage zur Diskussion auch über die Grenzen innerhalb der GUS, bestätigte der Kreml-Sprecher. Der ukrainischen Führung wirft Putin Fremdsteuerung durch den Westen, Russophobie und eine Zwangsukrainisierung vor, die sich speziell gegen die russischsprachige Bevölkerung im Donbass richte. Die ständigen Verstöße gegen das Minsker Abkommen hätten ihn zu der Ansicht gebracht: „Kiew braucht den Donbass einfach nicht“, so Putin. Politologen bewerteten dies als Drohung: Sollte Kiew nicht die von Moskau gelenkten Separatistenregierungen Donezk und Luhansk zu vollwertigen Verhandlungspartnern aufwerten, werde Russland seine Politik in der Richtung wieder aktivieren. Ein Anschluss wie bei der Krim würden als Möglichkeiten im Raum stehen, so der Politologe und Russland-Korrespondent André Ballin damals aus Moskau. Aus heutiger Sicht ging Russlands Ansinnen noch entschieden weiter.
Bis Ende des Jahres 2021 wuchs die Zahl der russischen Soldaten um die Ukraine auf 150.000 an, hinzu kamen Anfang 2022 noch 30.000 nach Belarus verlegte russische Soldaten. Am 24. Februar hat Russlands Präsident Putin sich entschlossen, einen Angriffskrieg gegen die Ukraine zu starten, um, wie er sagt, die Bedrohung für in der Ukraine lebende russische Staatsbürger abzuwenden und die Ukraine zu „entnazifizieren und demilitarisieren“. Der Krieg hält nun seit Wochen an und wird von russischer Seite mit zunehmender Aggressivität auch gegen die Zivilbevölkerung geführt; zivile Einrichtungen wurden vielfach zum Ziel russischer Luftangriffe.

Anfang September 2022 hat Präsident Putin hat eine neue außenpolitische Doktrin gebilligt, die auf dem Konzept der „Russischen Welt“ („Russki Mir“) basiert. Russland solle „die Traditionen und Ideale der Russischen Welt schützen, bewahren und fördern“, heißt es darin, und weiterhin: „Die Russische Föderation unterstützt ihre im Ausland lebenden Landsleute bei der Durchsetzung ihrer Rechte, um den Schutz ihrer Interessen und der Bewahrung ihrer russischen kulturellen Identität sicherzustellen.“
Wiederholt hatte Putin auf die etwa 25 Millionen Russinnen und Russen hingewiesen, die seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion 1991 in den daraus hervorgegangenen unabhängigen Staaten leben. Er betrachtet die ehemaligen Sowjetstaaten vom Baltikum bis nach Zentralasien als Teil der Einflusssphäre Russlands. Erst im Juli hatte Putin auch eine neue Militärdoktrin für die Kriegsmarine des Landes in Kraft gesetzt, in welcher  auch Russlands Seegrenzen, darunter in der Arktis und im Schwarzen Meer, festgelegt wurden. „Den Schutz werden wir hart und mit allen Mitteln gewährleisten“, so Putin. Aufgebaut werden soll eine „ausreichende Zahl“ an Marinestützpunkten außerhalb der Grenzen Russlands, auch der Bau von modernen Flugzeugträgern ist vorgesehen.


Zur ausführlicheren DarstellungdesUkraine-Konfflikts und den aktuellen Entwicklungen im Ukraine-Krieg


Corona-Krise

Kaum ein anderer Staatschef legte so viel demonstrative Gelassenheit in der Corona-Krise an den Tag wie Russlands Präsident Wladimir Putin. Natürlich seien die Probleme groß, doch Russland habe sich im internationalen Vergleich gebührend geschlagen. Die Wirtschaft sei nicht so tief eingebrochen wie in den meisten Ländern der EU. Und auch das Gesundheitssystem müsste sich nicht hinter jenen reicherer Staaten verstecken. Lockdowns „wie in Europa" werde es ganz bestimmt nicht geben, hatte der Präsident versichert.
Präsident Wladimir Putin lobte den russischen Umgang mit der Corona-Pandemie, zumal im Vergleich zum Westen. Doch die enorme Übersterblichkeit lässt anderes vermuten.Russlands Statistikbehörde hatte Ende 2020 neue Corona-Daten veröffentlicht.. Demnach ist die Zahl der Corona-Toten erheblich höher als bisher von der russischen Regierung verkündet. Russland verzeichnet derzeit offiziell die dritthöchste Opferzahl weltweit.


Verfassung

Russland bzw. die Russländische Föderation - beide Bezeichnungen sind laut Verfassung gleichwertig -  steht in der Nachfolge der Russischen Sozialistischen Föderativen Sowjetrepublik (RSFSR), der größten Teilrepublik der UdSSR. Die RSFSR erklärte am 12. Juni 1990 ihre Souveränität innerhalb der Sowjetunion. Nach der Auflösung der UdSSR im Dezember 1991 erlangte sie die volle Unabhängigkeit. Durch die Volksabstimmung am 12. Dezember 1993 wurde eine neue Verfassung eingeführt.

Die Verfassung begründet ein parlamentarisch-präsidentiales Mischsystem, da sowohl der Präsident, als auch das Parlament direkt vom Volk gewählt werden. In der Realität allerdings hat sich das System zu einem präsidentiellen Regime entwickelt. Zwischen der demokratischen Verfassungsordnung und der politischen Praxis klafft in Russland eine große Kluft- ein Widerspruch, der das politische System des Landes seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion prägt. Der in der Verfassung vorgesehenen Gewaltenteilung steht die de-facto alle Bereiche dominierende zentrale Rolle des Staatspräsidenten gegenüber. Er kann die Regierung entlassen und hat weitreichende Vollmachten in der Außen- und Sicherheitspolitik.

Die im Juli 2020 von Putin eingeführte Verfassungsreformerweitert Präsident Wladimir Putins Macht und schränkt die Möglichkeiten der Opposition weiter ein. Laut russischer Wahlkommission stimmte in einem zuivor abgehaltenen Verfassungsreferendum  knapp 78 Prozent der Wählerinnen und Wähler für die Reform.


 

Präsident

Seit Jahrzehnten verändert sich das politische System in Russland mit dem jeweiligen Herrscher. Die Experten sprechen deshalb von Ären: der Stalin-Ära, der Breschnew-Ära, der Jelzin- und schließlich der Putin-Ära. Das Staatsoberhaupt Russlands wird vom Volk direkt gewählt, seine Amtszeit beträgt - seit 2013 - sechs Jahre. Der Präsident besitzt weitgehende Vollmachten, er bestimmt die Leitlinien der Innen- und Außenpolitik, ist Oberbefehlshaber der Streitkräfte und kann Gesetze einbringen und das Parlament auflösen. Mithilfe eines Ukas (Erlass) kann der Präsident auch ohne die Zustimmung des Parlaments weitreichende Entscheidungen treffen.

Nach acht Jahren Präsidentschaft von Wladimir Putin (2000-2008) hatte das politische System Russlands autokratische Züge angenommen. Da das Staatsoberhaupt nur zwei Amtszeiten in Folge regieren durfte,  trat Putin 2008 eine vierjährige Pause an, in der Dmitri Medwedew das Präsidentenamt übernahm. Nach seinem Sieg bei der Präsidentschaftswahl 2012 begann Wladimir Putins dritte Amtszeit.

Im März 2021 hat Russland die Möglichkeit des Machterhalts von Kremlchef Putin auch gesetzlich verankert. Die Staatsduma verabschiedete ein Gesetz, das die bisherigen Amtszeiten des Präsidenten auf null setzt und ihm so theoretisch ein Weiterregieren bis 2036 erlaubt.Nach der alten Verfassung von 1993 hätte Putin den Kreml 2024 verlassen müssen. Ob Putin 2024 erneut kandidieren wird, hat er noch nicht bekannt gegeben.

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Regierung

Die Regierung der Russischen Föderation setzt sich aus dem Ministerpräsidenten als Regierungschef, den stellvertretenden Ministerpräsidenten (Vizepremiers) und den Ministern zusammen.

Der Ministerpräsident wird laut Artikel 111 der Verfassung vom Präsidenten vorgeschlagen und muss von der Duma, dem Unterhaus des russischen Parlaments, bestätigt werden. Lehnt die Duma dreimal nacheinander die vom Präsidenten aufgestellten Kandidaten ab, hat der Präsident das Recht, die Duma aufzulösen und Neuwahlen anzuordnen.

Der Ministerpräsident ernennt die Minister der Russischen Föderation, von denen mehrere seine Stellvertreter sind, und leitet das Kabinett. Er steht im politischen System Russlands zwar der Exekutive vor, deren Schlüsselressorts sind allerdings direkt dem Präsidenten Russlands untergeordnet,  unter anderem das Innen-, das Außen- und das Verteidigungsministerium.

Im Januar 2020 hatte Wladimir Putin  überraschend die Regierung entlassen und deren Führung neu besetzt. Es wurde nicht nur Michail Mischustin zum neuen Ministerpräsidenten ernannt, sondern auch rund die Hälfte der Kabinettsposten neu besetzt. Seit der Sowjetära schon hat das Ministerkabinett in Russland nur wenig Autonomie gegenüber den eigentlichen Machtzentren erkennen lassen, sei es nun das Zentralkomitee der Kommunistischen Partei oder später die Präsidenten Russlands und ihre Präsidialadministration. Die russische Regierung fungierte – mit einigen wichtigen Ausnahmen – meist als Teil des Staatsapparates und hatte die Aufgabe, die Politik der Führung im Innern umzusetzen.

Parlament

Das Parlament in Russland besteht aus zwei Kammern: Dem Föderationsrat (178 Mitglieder) und der Staatsduma (450 Mitglieder).

Föderative Elemente

Formal besteht Russland aus 83 Föderationssubjekten. Diese verfügen jeweils über eine eigene Exekutive und Legislative, wobei sich die Autonomie der einzelnen Subjekte stark voneinander unterscheidet. Jedes Föderationssubjekt entsendet zwei Vertreter in den Föderationsrat. Der Staatspräsident kann weiterhin bis zu 17 Senatoren ernennen. Die ukrainische Krim und die Stadt Sewastopol werden international nicht anerkannt.

Der Föderationsrat spielt eine wichtige politische Rolle als Gegengewicht zur Staatsduma. Die von der Staatsduma beschlossenen Gesetze bedürfen der stillschweigenden Zustimmung des Rates. Der Rat muss die Entscheidung des Präsidenten zum Eintritt in kriegerische Auseinandersetzungen und zum Ausruf des außerordentlichen Notstandes bestätigen. Der Föderationsrat setzt die Präsidentenwahlen an und stimmt über die Entlassung des Präsidenten aus seinem Amt ab.

ParlamentDie Duma beschließt die föderalen Gesetze und leitet diese zur Zustimmung an den Präsidenten weiter. Sie hat das Recht, der Regierung das Vertrauen zu entziehen und das Amtsenthebungsverfahren gegen den Präsidenten einzuleiten. Faktisch sind die Kompetenzen des Parlaments allerdings durch die starke präsidiale Machtstruktur begrenzt

 

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