Wirtschaft in Tschechien

Von den ehemaligen sozialistischen Ländern in Ostmittel- und Osteuropa gelang Tschechien der Übergang zur Marktwirtschaft am schnellsten. Die Privatisierung der staatlichen Betriebe erfolgte ohne Massenentlassungen. Es folgten allerdings Jahre wirtschaftlicher Rezession. Diese überwand die tschechische Wirtschaft schrittweise, bis die weltweite Finanz- und Wirtschaftskrise der Jahre 2009 und 2010 einen Einbruch der Wirtschaftsleistung herbeiführte. Die Auswirkungen der Krise in der Eurozone waren für Tschechien auch noch bis 2013 deutlich zu spüren.

Von den Jahren der Finanzkrise hatte sich die Wirtschaft weitestgehend erholt. Im Jahr 2015 erreichte das BIP ein Wachstum von 4,3 Prozent und dadurch den besten Wert seit 2007. Besonders stark an der tschechischen Wirtschaftsleistung ist die Industrie beteiligt, die im Jahr 2022 33,7 Prozent und somit ein Drittel des BIPs ausmacht. Dieser Wirtschaftszweig hat Tradition, denn schon in den 20er und 30er Jahren des vorigen Jahrhunderts gehörte die tschechische Republik zu den führenden Industrienationen Europas. Daran versucht das Land seit 1989 wieder anzuknüpfen. Besonders die Automobilindustrie (z.B. die Skoda Werke), aber auch der Maschinenbau und die Elektronikindustrie sind wichtige Branchen. Der größte Sektor der Bruttowertschöpfung Tschechiens ist der Dienstleistungssektor mit 64,1 Prozent des BIP. Die Land- und Forstwirtschaft sowie die Fischerei machen 2,2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts aus. Hierfür wurden 2020 45,6 Prozent der Landesfläche für die Landwirtschaft genutzt.

Das Defizit Tschechiens liegt nun seit mehreren Jahren unter der Grenze, die der Maastricht Vertrag mit 3 Prozent vorgibt. Ebenfalls liegt die Bruttostaatsverschuldung bei 42,3 Prozent und somit unter dem im Maastricht Vertrag festgelegten maximalen Wert von 60 Prozent. Tschechien investiert 2020 4,5 Prozent seines BIP in die Bildungspolitik sowie 2 Prozent in Forschung und Entwicklung. Beide Werte liegen knapp unter dem EU-Durchschnitt.

Aktuelle Wirtschaftslage

Die Coronakrisehatte, wie in allen Ländern, auch deutliche Auswirkungen auf das Wirtschaftswachstum in Tschechien. So gab es im Jahr 2020 große Einbußen von -5,5 Prozent. Jedoch erholte sich die Wirtschaft langsam und es wurden im Jahr 2021 +3,6 Prozent und im Jahr 2022 +2,5 Prozent Wachstum gemessen. Laut Schätzungen wird im Jahr 2023, im Kontext des Ukrainekrieges und der Energiekrise, mit einem Zuwachs von nur 0,1 Prozent gerechnet. Ebenfalls sind die Staatsausgaben seit dem Coronajahr 2020 sehr stark gestiegen und liegen, nach einem Rückgang in den letzten zwei Jahren, bei 44,8 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Die Gesamteinnahmen des Staates liegen über die Jahre hinweg stabil bei ca. 42 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) Tschechiens, also der Gesamtwert aller Waren und Dienstleistungen, welche in einem Jahr in Tschechien erwirtschaftet wurden, liegt im Jahr 2022 bei 244 Milliarden Euro. Das BIP pro Person liegt bei 32 059 Euro (zum Vergleich: das deutsche BIP pro Person liegt im Jahre 2022 bei 41 136 Euro) und liegt leicht unter dem EU-Durchschnitt von 35 210 Euro. Gleichzeitig ist Tschechiens Bruttoinlandsprodukt per Kopf das höchste in Osteuropa. Die Staatsverschuldung im Jahr 2022 beläuft sich auf 42,9 Prozent des BIP und liegt damit unter dem EU-Durchschnitt von 68,5 Prozent. Auch hat die tschechische Wirtschaft mit einer hohen Inflation zu kämpfen. Im Jahr 2022 stieg die Inflationsrate um +15,1 Prozent zum Vorjahr.

Der größte Arbeitssektor mit den meisten Beschäftigen ist der Dienstleistungssektor mit 60,2 Prozent im Jahr 2020. Der Industriesektor folgt mit 37,1 Prozent der Beschäftigten. In der Fischerei, Land- und Forstwirtschaft sind 2,6 Prozent der Erwerbstätigen beschäftigt. Der Mindestlohn in Tschechien liegt bei umgerechnet 4,23 Euro die Stunde. Die Arbeitslosigkeit lag im Jahr 2022 bei 2,2 Prozent und liegt unter dem EU-Durchschnitt von 6 Prozent. Die Jugendarbeitslosigkeit (15- bis 24-jährigen) liegt bei 6,8 Prozent und somit weit unter dem EU-Durchschnitt von 14,5 Prozent. Zunehmend hat auch die tschechische Wirtschaft mit einem Fachkräftemangel zu kämpfen und ist immer mehr von Arbeitnehmern aus dem Ausland angewiesen.

In seiner Energiepolitik setzt Tschechien bisher auf zwei Quellen: Die Kohlekraft und die Atomkraft. Diese machen beide zu gleichen teilen zusammen eine Energiedeckung von 80 Prozent aus. Im europäischen Vergleich liegt Tschechien im Jahr 2021 mit 11,4 Tonnen Kohlenstoffdioxid pro Einwohner über dem EU-Durchschnitt von 7,9 Tonnen. Tschechiens Ziel ist es, bis 2033 aus der Kohle auszusteigen. Um dieses Ziel zu erreichen, setzt die Regierung auf den Ausbau der Atomkraft. Der Ausbau von erneuerbaren Energiequellen verläuft wiederrum schleppend. Ein Grund hierfür ist der fehlende gesellschaftliche Rückhalt. 2021 stammen 17,7 Prozent des Bruttoenergieverbrauchs aus erneuerbaren Energiequellen. Auch hat Tschechien eine Energieabhängigkeit von 40 Prozent seines Energiebedarfs. Diese ist jedoch geringer im Vergleich zu der Energieabhängigkeit Deutschlands mit 63,5 Prozent oder zum EU-Durchschnitt von 55,5 Prozent.

 

Außenhandel

Der Export Tschechiens ist  stark auf die EU ausgerichtet, wobei Deutschland der mit Abstand wichtigste Außenhandelspartner des Landes ist (32,4% der Exporte und 22,4% der Importe). Weitere wichtige Partner für den Export sind die Slowakei (8,1 Prozent), Polen (6,7 Prozent), Frankreich (4,6 Prozent) sowie Österreich (4,5 Prozent). Neben Deutschland importiert Tschechien im Jahr 2022 die meisten Waren aus China (16,7 Prozent), gefolgt von Polen (8,2 Prozent), der Slowakei (4,4 Prozent) und Italien (4,2 Prozent).

Im Jahr 2022 wurden knapp mehr Waren aus Tschechien exportiert als importiert. Zu den wichtigsten Exportgütern gehören im Jahr 2022 elektronische Erzeugnisse mit einem Anteil von knapp 20 Prozent, gefolgt von Maschinen und mechanischen Erzeugnissen (17,7 Prozent), KFZ und dazugehörigen Teile (17,6 Prozent), sowie mit einem kleineren Anteil diverse Brennstoffe (3,5 Prozent) und Kunststoff sowie Waren aus Kunststoff (3,5 Prozent). Von den Hauptwarengruppen, welche im Jahr 2022 importiert wurden, bilden elektronische Erzeugnisse mit 21,6 Prozent den größten Anteil, gefolgt von Maschinen und mechanischen Erzeugnissen (15,2 Prozent), diverse Brennstoffe (9,4 Prozent), KFZ und dazugehörige Teile (8,4 Prozent) sowie Kunststoff und Waren aus Kunststoff (4,9 Prozent).

EU-Förderung

Tschechien gehört zu den fünf Ländern, denen die größten Investitionen aus EU-Fonds zuteil werden. Für den Zeitraum von 2014 - 2020 standen dem Land Gelder in Höhe von 24,2 Milliarden Euro bereit.. In der vergangenen Förderperiode sind die Gelder allerdings nur schleppend abgerufen worden, was vor allem an Verfahrensfehlern lag. So hat die Europäische Kommission die Auszahlung der Gelder im Jahr 2012 zwischenzeitlich ganz eingestellt. Grund dafür war der Vorwurf, Gelder würden von den Behörden für externe Berater verschwendet, obwohl deren Tätigkeiten selbst hätten erledigt werden können. Zudem stand der häufige Personalwechsel innerhalb der Behörden in der Kritik.

Wichtige Projekte stehen auf staatlicher Seite beim Ausbau des Autobahn- und Eisenbahnnetzes an. Unternehmen sollen mit den Geldern in der Entwicklung innovativer Produkte gefördert werden. Im Umweltsektor sind weitere Verbesserungen eines CO2-reduzierten Verkehrssystems, sowie der Energieeffizienz und der Wasser- und Abfallwirtschaft vorgesehen.

Der langfristige EU-Haushalt 2021-2027 bildet zusammen mit NextGenerationEU, dem temporären Aufbauinstrument, mit insgesamt 1,8 Billionen EUR das größte Konjunkturpaket, das jemals aus dem EU-Haushalt gestemmt wurde. In welcher Höhe Mittel den Ländern anteilig zugewiesen werden, erfährt man auf der Seite der Europäischen Kommission über den  Haushaltsplan der EU 2021 - 2027.

Quellen

Auswärtiges Amt: Tschechien

Trade&Invest: Tschechien

europa.eu: Tschechische Republik

Statistisches Bundesamt. Tschechien

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