Wirtschaft in Polen

Die Transformation von der Plan- zur Marktwirtschaft erfolgte in Polen in Form einer  „Schocktherapie": Marktwirtschaftliche Strukturen wurden innerhalb kürzester Zeit aufgebaut, was mit einem Einbruch des Bruttoinlandsprodukts und gravierenden Folgen für die Bevölkerung einherging. Die bis dahin sehr geringe Zahl der Arbeitslosen schoss in die Höhe (Arbeitslosenquote 1993: 16,4%), die Lebensqualität sank. Die sozialen Sicherungssysteme waren einer solchen Belastung nicht gewachsen und konnten das Abgleiten vieler Menschen in die Armut nur begrenzt abfangen.

In den folgenden Jahren hat sich die Lage stabilisiert. Polens Volkswirtschaft näherte sich der Wirtschaftsstruktur der alten EU-15 Mitgliedsstaaten an. Die Wirtschaftskrise hat Polen 2009 vergleichsweise gut überstanden und konnte als einziger EU-Mitgliedstaat sogar ein positives Wachstum verzeichnen - was häufig auch als Argument gegen die Einführung des Euro aufgeführt wird. Seit 2012 ist das polnische Wirtschaftswachstum positiv, 2015 erreichte es 3,6 Prozent. Auch die Auswirkungen der Corona-Pandemie verkraftete die polnische Wirtschaft gut und konnte ein weiteres Wirtschaftswachstum verzeichnen. Mit dem Kireg in der Ukraine und der damit einhergehenden Energiekrise ging dieses jedoch stark zurück, die Inflationsrate stieg deutlich. Makroökonomisch profitiert Polen aber gleichzeitig auch von den sich verändernden wirtschaftlichen Strukturen, welche die wachsende Bedeutung der polnischen Wirtschaft im europäischen und globalen Kontext unterstreicht.

Die Bruttowertschöpfung erfolgt im Jahr 2020 zu fast 65 Prozent im Dienstleistungssektor und etwa 32 Prozent in der Industrie. Im Landwirtschaftssektor liegt der Wert bei etwa 3 Prozent. Auch nehmen die Investitionen stark zu. Laut der polnischen Nationalbank beliefen sich die Investitionen im Jahr 2022 auf 42 Milliarden Euro..

Aktuelle Wirtschaftslage

Die Coronakrise hatte wie in allen Ländern zunächst auch Auswirkungen auf das Wirtschaftswachstum in Polen. Jedoch konnte die polnische Wirtschaft aufgrund ihres exportstarken Agrarsektors und anderen Wirtschaftssektoren, sowie auch einem effizienten Einsatz der milliardenschweren EU-Förderungen, makroökonomisch die Krise bewältigen und gehört im EU-Vergleich zu den Ländern mit den besten Kennzahlen. Durch den russischen Angriffskrieg in der Ukraine und die sich verändernden globalen Wirtschaftsstrukturen hinsichtlich einem kritischeren Kurs gegenüber China, gewinnt der Standort Polen massiv an Bedeutung sowohl für den europäischen als auch für den globalen Markt. So profitiert die polnische Wirtschaft von den neuen Lieferketten, die durch den Krieg entstanden sind, und dient als ein alternativer europäischer Produktionsstandort für Firmen, welche sich aus Russland zurückziehen mussten. Ebenfalls etabliert sich Polen als Investitionsstandort für das westliche EU-Ausland (Deutschland, Frankreich, Niederlanden) und die USA. Nach dem Ergebnis der Parlamentswahl 2023, in welcher die rechtnationale Regierungspartei PiS (dt. Recht und Gerechtigkeit) ihre absolute Mehrheit verlor, hofft man in Deutschland und Europa auf eine europafreundliche Handelspolitik. Auch die Aktienmärkte reagierten positiv auf den Wahlausgang und die polnische Währung gewann an Wert.

Das Bruttoinlandsprodukt lag im Jahr 2022 bei 657 Mrd. Euro, das BIP pro Einwohner bei 27 983 Euro (zum Vergleich: das deutsche BIP pro Person lag im Jahre 2022 bei 41 136 Euro). Nach Schätzungen schrumpft das Wirtschaftswachstum durch den Krieg von +4,9 Prozent im Jahr 2022 auf geschätzt +0,4 Prozent im Jahr 2023. Die Staatsverschuldung betrug im Jahr 2022 geschätzt 51,3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Damit liegt Polen unter dem EU-Durchschnitt von 68,5 Prozent. Auch die polnische Wirtschaft hat mit einer hohen Inflation zu kämpfen. Diese stieg von 5,1 Prozent im Jahr 2021 auf 14,4 Prozent im Jahr 2022, welches dem höchst gemessenen Wert seit 2000 entspricht. Im Juli 2023 lag die allgemeine Inflationsrate zuletzt bei 10,8 Prozent und gehört zu einer der höchsten in Europa .

Mit 59 Prozent ist der Dienstleistungssektor der größte Arbeitgeber im Land. 32 Prozent der Erwerbstätigen arbeiten in der Industrie. Auch gibt es in Polen einen Mindestlohn, welcher im Jahr 2023 bei 4,87 Euro pro Stunde liegt. Damit ist Polen im europäischen Vergleich im Mittelfeld zu verorten. Die Arbeitslosigkeit sank im Vergleich zu den Vorjahren im Jahr 2022 weiter auf 2,8 Prozent. Die Jugendarbeitslosigkeit (15- bis 24- jährigen) liegt jedoch bei 10,8 Prozent, welche zwar unter dem EU durchschnitt von 14,5 Prozent liegt, jedoch höher im Vergleich zu den Verhältnissen in Deutschland (hier liegt der Wert im Jahr 2022 bei 6 Prozent). Jedoch ist das regionale wirtschaftliche Gefälle in Polen besonders groß. Insbesondere die östlichen Landesteile an der Grenze zu Belarus und der Ukraine sind strukturschwach und vergleichsweise dünn besiedelt. In diesen Teilen Polens liegt die Arbeitslosigkeit auch weit über dem Durchschnitt.

In seiner Energiepolitik setzte Polen bisher vor allem auf Stein- und Braunkohle und weniger auf den Ausbau von erneuerbaren Energien. Im europäischen Vergleich lag Polen im Jahr 2021 mit 10,7 Tonnen Kohlenstoffdioxid pro Einwohner über dem EU-Durchschnitt von 7,9 Tonnen. Um seine Klimaziele erreichen zu können setzt Polen auf die Atomkraft. Das Atomkraftwerk, welches aktuell im Norden Polens gebaut wird, soll bis zum Jahr 2033 in Betrieb genommen werden. Energieunabhängig ist Polen nicht. Im Jahr 2021 lag die Energieabhängigkeit bei 40,4 Prozent des Energiebedarfs.

Außenhandel

Der polnische Außenhandel ist stark auf die EU ausgerichtet. Dabei kommt Deutschland im Jahr 2022 mit einem Anteil von 21,1 Prozent an den polnischen Importen und 28,6 Prozent an den polnischen Exporten die wichtigste Rolle zu. Auch bei den Investitionen in Polen steht Deutschland an erster Stelle. Weitere wichtige Partner für den Export sind Tschechien, Frankreich, Großbritannien und Italien. Neben Deutschland importiert Polen im Jahr 2022 die meisten Waren aus China, Russland, Italien und den Niederlanden.

Im Jahr 2022 wurde knapp mehr Ware nach Polen importiert als exportiert. Zu den wichtigsten Importgütern gehören im Jahr 2022 neben Erdöl, Eisen und Stahl auch eine Vielzahl an elektrischen Maschinen, Einrichtungen und Geräten. Die wichtigste polnische Exportbranche sind der KFZ-Industrie zu verdanken, dicht gefolgt von der Nahrungsmittelindustrie und dem Maschinenbau. Die Landwirtschaft hat in Polen eine noch immer größere Bedeutung als in vielen anderen EU-Ländern. Etwa 9 Prozent der Beschäftigten in Polen arbeiten in der Landwirtschaft. Im Herbst 2023 kam es zu Importbeschränkungen von ukrainischem Getreide. Begründet wurde dies von Seiten der Regierung, dass man im Interesse der polnischen Bauern handle. Kritiker warfen der Regierung jedoch vor, die Importbeschränkung als innenpolitische Strategie in Hinblick auf die Parlamentswahl im Oktober 2023 missbraucht zu haben.

EU-Förderung

Polen gehörte zu den größten Profiteuren der EU-Osterweiterung von 2004. Dies liegt nicht zuletzt an den hohen Subventionszahlungen, die nach Warschau geflossen sind. So erhielt Polen in den ersten zehn Jahren seiner EU-Mitgliedschaft insgesamt Zahlungen in Höhe von 92,4 Milliarden Euro aus verschiedenen Töpfen der EU, die Polen, im Gegensatz zu vielen anderen Empfängern, auch erfolgreich abgeschöpft hat. An die EU abgegeben hat Polen im gleichen Zeitraum nur etwa rund 30,9 Milliarden Euro.

Im EU-Haushalt bis 2020 wurde Polen unter allen EU-Mitgliedern mit 82,5 Milliarden Euro die meisten Gelder zur Verfügung gestellt. Diese sollen hauptsächlich in den Ausbau der Agrarwirtschaft und Infrastruktur fließen.

Der langfristige EU-Haushalt 2021-2027 bildet zusammen mit dem temporären Aufbauprogramm NextGenerationEU mit insgesamt 1,8 Billionen EUR, das größte Konjunkturpaket, das jemals aus dem EU-Haushalt gestemmt wurde. In welcher Höhe Mittel den Ländern anteilig zugewiesen werden, erfährt man auf der Seite der Europäischen Kommission über den  Haushaltsplan der EU 2021 - 2027.

Quellen

Auswärtiges Amt:  Polen

CIA World Fact Book: Polen

Trade&Invest: Polen

europa.eu: Polen

Statistisches Bundesamt:. Polen

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