EU-Beitritt Kosovo
Entwicklung im Beitrittsprozess – aktueller Stand
Kosovo gehört zu den Ländern, die im Zuge der Westbalkanerweiterung noch den weitesten Weg vor sich haben.
Das Land wird zwar seit Jahren als „potenzieller Beitrittskandidat” eingestuft, hatte aber bislang noch keinen offiziellen Antrag auf EU-Beitritt gestellt. Dies hat das Land nun nachgeholt und im Dezember 2022 ein offizielles Gesuch eingereicht. Die EU hatte dem Land bereits nach seiner Unabhängigkeitserklärung im Jahre 2008 die Perspektive eines Beitritts zur Europäischen Union in Aussicht gestellt. Ebenso wie den übrigen Staaten des westlichen Balkan würde Kosovo eine klare europäische Perspektive offenstehen, so der Europäische Rat. Die Geschwindigkeit des Annäherungsprozesses hängt dabei maßgeblich von den Fortschritten ab, die Kosovo insbesondere im Bereich Rechtsstaatlichkeit, bei der Stärkung von Verwaltungsstrukturen und beim Aufbau einer funktionsfähigen Marktwirtschaft erzielt.
Seit 2008 begleitete die europäische Rechtsstaatsmission EULEX Kosovo die kosovarischen Behörden beim Aufbau eines professionellen und multiethnischen Justiz-, Polizei- und Zollwesens. Das Mandat der Mission ist Mitte 2018 ausgelaufen.
Seit 2011 führen Kosovo und Serbien in Brüssel einen von der EU moderierten Dialog. Erst wenn sich Beziehungen zwischen den beiden Ländern umfassend normalisiert und geklärt haben, ist perspektivisch der EU-Beitritt sowohl für Serbien als auch Kosovo tatsächlich möglich. Zunächst erzielten die beiden Länder dabei Fortschritte. Immer wieder wurden die Verhandlungen jedoch aufgrund bilateraler Spannungen vorübergehend unterbrochen. Ziel des Dialogs ist die umfassende Normalisierung der Beziehung in Form eines abschließenden und rechtlich bindenden Abkommens, das im Einklang mit dem Völkerrecht steht und zur regionalen Stabilität beiträgt. Aktuell sieht es jedoch nicht nach Fortschritten in dieser Hinsicht aus. Zum einen ist Serbien nach wie vor nicht bereit, die Unabhängigkeit des Kosovo anzuerkennen. Auf die Besorgnis der EU über „eine regelrechte Kampagne [in Serbien], mit der die Unabhängigkeit des Kosovo delegitimiert“ werden solle, erwiderte Serbiens Präsident Alexandar Vucic, dies sei etwas, auf das er stolz sei: Er werde weiterhin die Unabhängigkeit des Kosovo delegitimieren. Und Ende Mai 2021 betonte Vucic, er werde niemals eine Anerkennung der Unabhängigkeit des Kosovo unterschreiben – egal wie viel Druck auf ihn ausgeübt werde, wenn der Kosovo-Dialog wieder aufgenommen wird. Er kritisierte weiter, die kosovarische Führung würde sich nicht an die Verpflichtungen halten, die sie im Rahmen des Belgrad-Pristina-Dialogs eingegangen sei. Zum anderen kommt es immer wieder zu Auseinandersetzungen, wie die jüngsten Streitigkeiten um Autokennzeichen und Ausweispapiere zeigten.
Der anhaltende Konflikt führte bislang nicht nur dazu, dass sowohl Serbien als auch Kosovo von der Mitgliedschaft in der EU ausgeschlossen blieben, sondern gefährdet auch Minderheiten und ist ein Hindernis für die Sicherheit der noch immer fragilen Nachkriegsordnung in der Region.
Im Falle Kosovos kommt erschwerend hinzu, dass das Land das Schicksal von Ländern ohne internationale Anerkennung teilt bzw. die nur bedingte Anerkennung als Staat – unter anderen erkennen fünf EU-Staaten das Land nicht an – eine Mitgliedschaft bei den Vereinten Nationen sehr unwahrscheinlich macht. Russland und China, die beiden Verbündeten Serbiens, blockieren bislang eine Mitgliedschaft Kosovos in der UNO. Wird Kosovo eine Mitgliedschaft in der UN verweigert, hat dies wiederum zur Folge, dass auch eine EU-Mitgliedschaft verwehrt bleibt. Das Land muss also auf dem Weg in die EU sowohl die Hürden der bilateralen als auch multilateralen Anerkennung überwinden.
Weitere Informationen über den Serbien-Kosovo-Konfliktsowie die Jugoslawienkriege und die Nachkriegsordnung auf dem Balkan.
Was das Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen (SAA) anbelangt, welches einem EU-Beitritt der Westbalkanstaaten vorgeschaltet ist, wurde dies im Falle des Kosovo im Jahr 2015 unterzeichnet und ist 2016 in Kraft getreten. Das Abkommen bezweckt die Unterstützung Kosovos bei seinen Reformbestrebungen. Die EU erwartet von dem Land weitere Fortschritte bei den EU-bezogenen Reformen. Bislang hat der Kosovo nur begrenzt Anstrengungen unternommen.
Zunächst muss sich das Land also bemühen, durch die Umsetzung des Assoziierungsabkommens auf dem Weg in die EU weiter voranzukommen und vor allem im Dialog mit Serbien eine Normalisierung der Beziehungen zu erzielen, um dann in der Folge eine umfassende internationale Anerkennung anzustreben. Ein EU-Beitritt liegt demnach noch in weiter Ferne.
Länderbericht 2021 der EU-Kommission zu Kosovo
Die folgenden Phasen im Beitrittsprozess muss ein Land durchlaufen, um Mitglied der EU zu werden.
Antrag auf Beitritt zur EU
Strebt ein Land die Mitgliedschaft in der EU an, muss es zunächst einen Beitrittsantrag stellen. Dieser ist an den Rat der Europäischen Union zu richten.
Im Dezember 2022 hat Kosovo einen solchen Antrag auf Beitritt zur Europäischen Union offiziell eingereicht. Somit zieht das Land nun nach und reiht sich ein in die restlichen Westbalkanländer, die ebenfalls einen EU-Beitritt anstreben. Jedoch wird sich das Land ebenso wie die anderen Staaten auf einen langwierigen Beitrittprozess einstellen müssen. Der Beitiritts-Antrag ist eingereicht, die Erteilung des Kandidatenstatus muss jedoch erst noch erfolgen.
Status als Beitrittskandidat
Nach Eingang des Beitittsgesuchs erfolgt eine Prüfung des Antrages durch die Europäische Kommission. Sobald ein beitrittswilliges Land die notwendigen Reformen in Bezug auf die Schlüsselprioritäten angegangen ist, wird der Rat der EU die Europäische Kommission ersuchen, eine Stellungnahme zum Antrag zu unterbreiten. In einer solchen Stellungnahme („Avis“) kann die Kommission Empfehlungen für weitere Annäherungsschritte aussprechen. Diese enthalten entweder die Befürwortung zur Verleihung des Kandidatenstatus oder Vorgaben („Benchmarks“), die das Land zunächst noch erfüllen muss.
Sofern diese Stellungnahme grünes Licht für eine Beitrittskandidatur gibt, muss der Rat der EU diese Stellungnahme billigen und den Status eines Bewerberlandes verleihen.
Der Weg hin zu Beitrittsverhandlungen
Ist der Status eines Beitrittskandidaten verliehen, können die Beitrittsverhandlungen anvisiert werden. Bis zum tatsächlichen Beginn der Beitrittsverhandlungen vergehen manchmal jedoch wiederum ein paar Jahre. Schon vorab müssen gewisse Reformen umgesetzt sein. In laufenden Fortschrittsberichten verfolgt die EU den Stand der Entwicklung.
Sind Reformen zumindest bei den Schlüsselkriterien erfüllt, muss der Rat der EU in einer Stellungnahme dieAufnahme von Beitrittsverhandlungen billigen. Legen einzelne EU-Mitgliedstaaten ein Veto ein, verschiebt sich der Beginn der Verhandlungen weiterhin.
Beginn der Beitrittsverhandlungen
Sind die Beitrittsverhandlungen gestartet, ist es das Ziel, in den kommenden Jahren in 35 Kapiteln die einzelnen Bereiche wie Wirtschaftspolitik, Außenpolitik, Rechtsstaatlichkeit und einige mehr zu verhandeln. Die Verhandlungen werden in Beitrittskonferenzen zwischen den Regierungen der EU-Länder und der Regierung des Kandidatenstaates auf Ministerebene geführt. Ziel ist die vollständige Übernahme des rechtlichen Besitzstandes der EU durch den Beitrittskandidaten.
Ratifizierung
Nach Abschluss aller Kapitel wird ein Entwurf eines Beitrittsvertrages aufgesetzt, dem Kommission, Rat und Parlament zustimmen müssen. Erst danach kann die Unterzeichnung des Beitrittsvertrages mit Kosovo und allen EU-Mitgliedstaaten erfolgen und nach einer anschließenden Ratifizierung die eigentliche Aufnahme als neues Mitglied der Europäischen Union vollzogen werden.
Die Kopenhagener Kriterien - Voraussetzungen zum EU-Beitritt
Alle zukünftigen Mitgliedsländer müssen bestimmte wirtschaftliche und politische Bedingungen, die so genannten „Kopenhagener Kriterien”, erfüllen, um der Union beizutreten zu können. Den folgenden Voraussetzungen müssen die neuen Mitgliedsländer daher entsprechen:
- Stabilität der Institutionen, Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Menschenrechte sowie Achtung und Schutz von Minderheiten;
- eine funktionierende Marktwirtschaft;
- die Übernahme der gemeinschaftlichen Regeln, Standards und Politiken, die die Gesamtheit des EU-Rechts darstellen.
Die EU ihrerseits unterstützt diese Staaten bei der Verbesserung der Infrastruktur und Wirtschaft, hilft bei der Übernahme des EU-Rechts, und stellt finanzielle Unterstützung zur Verfügung.
Quelle:
Auswärtiges Amt: EU-Perspektive für Kosovo
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