Geschichte Armenien

 

Völkermord an den Armeniern 1915/16

Dr. phil. Tessa Hofmann

Der Genozid der Jahre 1915/16 kostete anderthalb von 2,5 Millionen osmanischer Armenier das Leben. Wer nicht den systemischen Massakern zum Opfer fiel, starb an den Folgen der Deportation, an Hunger, Seuchen und den Strapazen der Todesmärsche.

Völkermord an den Armenien

 

Armenien - wie weiter?

Dr. phil. Tessa Hofmann

Nach dem Angriff Aserbaidschans auf Bergkarabach im September 2023 hat die Regierung in Baku die Auflösung der Region verkündet. Dieser Beitrag schildert die Hintergründe des Bergkarabachkonflikts, seine Auswirkungen sowie die aktuelle Situation der vertriebenenen armenischen Bevölkerung..

Armenien - wie weiter?

Frühere Geschichte

Die Armenier können auf eine 3000 Jahre alte Geschichte zurückblicken. Zeugnisse frühgeschichtlicher Besiedlung, die zur Entwicklung des armenischen Volkes und seiner Tradition beigetragen haben, findet man am Fuße des Ararat.  Wenngleich die frühe Geschichte Armeniens hauptsächliich mit der Geschichte des Christentums in Verbindung gebracht wird, erzählen eine Vielzahl an Zeugnissen alter Natur-Gottheiten, Sonnentempeln und geheimnisvolle Felszeichnungen von dem Reichtum armenischer Mythen. Mit dem Übergang von der Steinzeit zur Bronzezeit entwickelte sich eine eigenständige Kultur auf dem Territorium des heutigen Armeniens.

Die eigentliche Geschichte des Landes beginnt mit dem Zerfall des urartäischen Reiches im 7. Jahrhundert v. Chr..Immer wieder wurde Armenien von Volksstämmen aus dem Osten und Süden besetzt. Immerhin gelang es dem kleinen indogermanischen Volk seine Selbstständigkeit und seine Kultur zu bewahren. Fremdherrschaft, Zerstörung und Verfolgung beherrscht die armenische Geschichte über Jahrtausende. Armenien wurde zum Zankapfel zwischen Persien im Osten und Rom im Westen. Die erste offizielle Aufteilung Armeniens zwischen Persien und Rom wurde gegen Ende des vierten Jahrhunderts vollzogen. Ab dem 15. Jahrhundert kamen vermehrt Turk-Stämme an die Macht. Zu Beginn des 16. Jahrhundert entbrannte die Auseinandersetzung zwischen Osmanen und Persern auf dem Kriegsschauplatz Armenien. Der massive Widerstand der Armenier gegen die islamischen Herrscher im östlichen Teil des Landes gipfelte in den Aufständen Karabach und Sjunikh unter Davit Bek in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts.

Einflüße des Osmanischen Reichs – Völkermord an den Armeniern

Im Verlauf des 19. Jahrhunderts war es unter den im Osmanischen Reich lebenden West-Armeniern durch westeuropäisch-aufklärerische Einflüsse zu einer Wiederentdeckung der eigenen Kultur und ihrer Wurzeln gekommen. In Konstantinopel und anderen Großstädten erwuchs eine breite Schicht von Intellektuellen, die diesem Wiedererwachen literarisch und auch politisch Ausdruck verliehen. Auf der anderen Seite empfanden die in den sogenannten armenischen Provinzen in Ostanatolien lebenden Armenier ihre Diskriminierung im Millet-System des Osmanischen Reiches immer stärker. Sie begannen, sich gegen übermäßige Steuerlast und ständige Übergriffe lokaler (vor allem kurdischer) Stammesführer zur Wehr zu setzen. Gleichzeitig traten die europäischen Mächte als Schutzherren der orientalischen Christen, vor allem der Armenier auf, verfolgten dabei jedoch in erster Linie eigene koloniale Interessen. So setzten die Armenier um die Jahrhundertwende vielfach auf die Bewegung der Jungtürken, von denen sie sich Gleichberechtigung innerhalb des immer mehr vom Zerfall bedrohten osmanischen Staates erhofften. Doch gerade diese vermeintlichen Verbündeten sollten wenig später die Vernichtung armenischen Lebens auf türkischem Boden beschließen und auch durchführen.

Am 24. April 1915 veranlasste die 1908 an die Macht gekommene jungtürkische Bewegung die Verhaftung, Deportation und Ermordung armenischer Intellektueller in Istanbul und leitete damit den Völkermord an Armeniern – an zwei Dritteln des im Osmanischen Reich seit Jahrtausenden lebenden christlichen Volkes – ein.

 

Einflüsse Russlands und anschließende Unabhängigkeit

Durch die Eroberung Armeniens durch Georgien Mitte des 18. Jahrhunderts rückten diese Gebiete in den Blickpunkt des stärker werden russischen Zarenreichs. Im Oktober 1827 eroberte Russland die persischen Gebiete Ost-Armeniens. Im Berliner Vertrag von 1878 wurde Armenien offiziell zwischen dem osmanischen Reich und Russland aufgeteilt. Erst 1920 wurde die Republik Armenien von den sowjetischen Bolschewiken eingenommen, während von Westen die Truppen der jungtürkischen Regierung auf die Hauptstadt Jerewan vorrückten. Im Jahre 1922 wurde Ost-Armenien endgültig in die Sowjetunion einverleibt.

Die Armenische Sozialistische Sowjetrepublik (SSR) war seit dem Ende der 1980er Jahre ein Zentrum der separatistischen Bewegungen innerhalb der Sowjetunion und trug zu deren späterer Auflösung bei. Zu dieser Zeit flammte auch der Konflikt um Bergkarabach, ein mehrheitlich armenisch besiedeltes Gebiet innerhalb der Aserbaidschanischen SSR, wieder auf. Seit 1988 verlangte die armenische Bevölkerung von Bergkarabach die Unabhängigkeit von Aserbaidschan und musste sich gegen die Übergriffe wehren.

Nach 70 Jahren kommunistischer Fremdherrschaft trat Armenien aus der Sowjetunion aus und erlangte seine Unabhängigkeit. Am 23. August 1991 wurde die Armenische SSR in Anlehnung an die erste Republik von 1918 in die Republik Armenien umbenannt. Nach der Unabhängigkeitserklärung am 21. September 1991 entstand die heutige Republik Armenien. Der südwestliche, weitaus größte Teil des historischen Siedlungsgebietes blieb unter türkischer Herrschaft – darunter auch der Berg Ararat, auf dem nach biblischer Überlieferung die Arche Noah gelandet ist. Er gilt bis heute als Nationalsymbol der Armenier und taucht auch im Staatswappen auf. Seit dem 21. September 1991 ist Armenien eine freie unabhängige Republik, doch der ewige Kampf um die ehemaligen westarmenischen Gebiete und die Klärung der historischen Ereignisse bestimmt auch heute noch die Politik des Landes. Der Völkermord von 1915 bis 1922 an den Armeniern wurde vom ständigen Tribunal der Völker im Jahre 1984, vom europäischen Parlament und 1987 auch von den Vereinten Nationen bestätigt. Die Frage des Genozids ist bis heute ein aktuelles Thema in der Innen- und Außenpolitik von Armenien, ebenso wie die Problematik um Bergkarabach.


Ausführliche Informationen zum Bergkarabach-Konflikt


 

Autor: Ralph Hälbig. Aufbereitung für das Netz: Internetredaktion der LpB

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