Außenpolitik Tschechien

Die Tschechische Republik ist seit 1999 Mitglied der NATO und seit 2004 Teil der Europäischen Union. Seit 1993 ist Tschechien Mitglied der Vereinten Nationen. Diese und weitere internationale Mitgliedschaften bestimmen die Außen- und Sicherheitspolitik Tschechiens, wobei für die äußere Sicherheit nach wie vor der Partner USA eine entscheidende Rolle spielt. Zuvor wurden vom ehemaligen Präsidenten Milos Zeman Ansätze einer „alternativen Außenpolitik“ durch die Annäherung an Russland und China initiiert. Dieser Ansatz wurde jedoch mit Beginn des Krieges in der Ukraine verworfen. Unter Premierminister Fiala und dem früheren NATO-General und aktuellen Präsidenten Pavel erfolgte eine klare Westorientierung. Eine wertebasierte Außenpolitik, welche unter anderem die Achtung der Menschenrechte vorsieht, bestimmen das außenpolitische Vorgehen Tschechiens.

Im Kontext des Krieges in der Ukraine positioniert sich Tschechien klar für die Unterstützung der Ukraine und einen harten Kurs gegenüber Moskau. Auch sprechen sich die Tschechen für den EU- und NATO Beitritt der Ukraine und der EU-Erweiterung in Südosteuropa aus.

 

Beitritt zur EU

Nach dem Ende des Kommunismus war die Mitgliedschaft in der EU eines der wichtigsten Ziele der tschechischen Außenpolitik. Bereits 1993 schloss Tschechien ein Assoziierungsabkommen mit der EU, das 1995 in Kraft trat. 1998 begannen die Beitrittsverhandlungen, die 2003 erfolgreich zum Abschluss gebracht wurden. Im Mai 2004 trat Tschechien der EU bei, nachdem die Bevölkerung ein Jahr zuvor mit einer deutlichen Mehrheit von 77 Prozent bei einer Volksabstimmung für den EU-Beitritt votiert hatte. Im Jahr 2009 übernahm Tschechien zum ersten Mal die halbjährige Präsidentschaft des EU-Rates.

Gleichzeitig mit dem EU-Beitritt trat Tschechien dem Schengener Abkommen bei. Seit dem 21. Dezember 2007 sind die Kontrollen an den Grenzübergängen zwischen Tschechien und den übrigen Staaten der Schengen-Zone aufgehoben.

Ursprünglich hatte Tschechien auch einen Beitritt zur Eurozone anvisiert. Allerdings war dieses Vorhaben von Anfang an umstritten. Insbesondere der frühere Präsident Vaclav Klaus sprach sich mehrfach deutlich gegen eine Einführung des Euro in Tschechien aus. Auch die Regierungen der vergangenen Jahre zeigten sich in der Frage des Beitritts zur Euro Zone eher zurückhaltend. Derzeit wird demnach nicht mit einem Beitritt Tschechiens zur Eurozone innerhalb der nächsten Jahre gerechnet. Die aktuelle Regierung um den Premierminister Petr Fiala schloss einen Beitritt Tschechiens in die Eurozone in der derzeitigen Legislaturperiode aus. Angesichts der Pandemie und der aktuellen Wirtschaftslage würden die Maastricht-Kriterien, welche für einen Beitritt in die Eurozone notwendig wären, nicht erfüllt werden. Auch die tschechische Gesellschaft steht der Einführung des Euros mit Vorbehalten gegenüber. Laut einer Umfrage der EU-Kommission aus dem Jahr 2022 sprechen sich lediglich 44 Prozent der Befragten für die Einführung des Euro aus.

Tschechien in der EU

EU-Beitritt1. Mai 2004
Anteil an der gesamten EU-Bevölkerung2,4 Prozent (2023)
Sitze im Europäischen Parlament21
EU-Kommissar/inVera Jourova (Liberale) - Grundwerte und Toleranz
Mitglied der EurozoneNein
Mitglied im SchengenraumJa
EU-RatspräsidentschaftJanuar - Juni 2009
Juli – Dezember 2022

Weitere Mitgliedschaften

NATO12. März 1999
OSZE1. Januar 1993
WTO1. Januar 1995
Europarat1993
UN19. Januar 1993

 

Beziehungen zur EU

Die Regierung hatte über die letzten Jahre einen pragmatischen Kurs gegenüber der Europäischen Union eingeschlagen. Unter Andrej Babis hatte die Regierung einen zunehmend europakritischen Kurs verfolgt, mit der aktuellen Regierung unter Petr Fiala kehrt Tschechien zu einer europa-freundlichen Rhetorik zurück. Jedoch sind die Positionen in Kernfragen wie Klima und Migration nicht weit von seinem Vorgänger entfernt. Eine weitere Integration der Europäischen Union sehen viele im „eurorealistischen“ Teil der konservativen Regierungspartei ODS kritisch.

In der zweiten Hälfte des Jahres 2022 hatte Tschechien die EU-Ratspräsidentschaft übernommen.  Diese hat viel positive Kritik erfahren: So konnten trotz der neu entstandenen Herausforderungen durch den Krieg in der Ukraine viele Projekte umgesetzt werden, unter anderem das Schengen-Visa-Verbot an Russen, sowie Ausbildungsmissionen für ukrainische Soldaten. Auch setzte sich die tschechische Ratspräsidentschaft für die erforderlichen Reformen im Hinblick auf die EU-Erweiterung ein. Die tschechische Regierung strebt nun eine aktivere Rolle innerhalb der EU an. So betrachtet sich Tschechien als eines der größeren osteuropäischen Länder, als Mittler zwischen den alten und neuen EU-Mitgliedern. Dazu gehört die Unterstützung der Ukraine sowie das Bestreben der EU-Erweiterung in Südosteuropa.

Tschechien in der NATO

Die Republik Tschechien ist seit März 1999 Mitglied der NATO. Sie beteiligte sich an mehreren NATO-geführten Einsätzen, darunter dem IKrieg im Irak, in Afghanistan (Resolute Support) und im Kosovo (KFOR). Die Verteidigungsausgaben Tschechiens sind derzeit niedriger als von der NATO gefordert. Das Ziel der Regierung ist es, bis 2025 das Zwei-Prozent-Ziel der NATO zu erreichen.

Tschechien setzt sich seit dem Angriff russischer Truppen auf die Ukraine im Februar 2022 konstant für die volle Unterstützung der Ukraine ein. So fordert die tschechische Regierung weitere militärische Unterstützungen der Ukraine im Luftraum und in der Minenräumung. Aktuell sind tschechische Soldaten in der Slowakei, Litauen und Lettland stationiert.

Weitere Kooperationen

Gemeinsam mit Polen, Ungarn und der Slowakei hat sich Tschechien 1991 zu der sogenannten Visegrad-Gruppe (V4) zusammengeschlossen. In dieser wollten sich die Länder gemeinsam auf dem Weg in die EU und NATO unterstützen. Nach dem erfolgreichen Beitritt der Visegrad-Länder zu EU und NATO haben sich die Themen der Gruppe auf die Zukunft der EU, Migrationsfragen und eine gemeinsame Sicherheits- und Außenpolitik verschoben. Zuletzt hat die Aufstellung einer EU-Battlegroup durch die V4 das Bündnis wiederbelebt. Jedoch erschweren unterschiedliche Positionen die Zusammenarbeit in der Visegrad-Gruppe. Ein Beispiel hierfür ist die Vertiefung der europäischen Integration, welche anders als bis dato Polen und Ungarn, Tschechien und die Slowakei freundlich gegenüberstehen.


mehr zur Visegrad-Gruppe


Neben der Visegrad-Gruppe gehört Tschechien einer Vielzahl an weiteren Kooperationsformaten an, welche sich im Laufe der letzten Jahre etabliert haben. Dazu gehören unter anderem die Slavkov-Gruppe (S3) und die Bukarest Neun (B9). Während sich die Slavkov-Gruppe um eine engere Kooperation zwischen Tschechien, der Slowakei und Österreich bemüht, beschäftigen sich die Bukarest Neun, bestehend aus den Baltischen Staaten, den Visegrad Staaten sowie Rumänien und Bulgarien, um außenpolitische Themen und setzten sich klar für eine Stärkung der NATO-Ostflanke ein.

Die aktuelle tschechische Außenpolitik verfolgt eine klare Orientierung in Richtung Westen.. So gehören neben den EU-Staaten Deutschland, Großbritannien und Frankreich, insbesondere die USA zu den wichtigsten außenpolitischen Partnern Tschechiens. Auch möchte man eine stärkere Kooperation mit dem slowakischen Nachbarn.

Bereits im Vorfeld des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine gab es innerhalb der politischen Elite Streitigkeiten über den Umgang mit Russland. Hintergrund war das publik werden der Verantwortung russischer Agenten für Explosionen in Munitionslagern im Herbst 2014 im Südosten des Landes. Tschechien setzt sich klar für EU-Sanktionen gegen Russland ein und fordert verstärkt Wege zu finden, um auch weitere Länder außerhalb Europas für die Unterstützung der Ukraine zu gewinnen.
In der Tradition der „Havelschen Außenpolitik“ setzt die tschechische Regierung auf eine wertegeleitete Außenpolitik mit klarer Betonung der die Menschenrechte. Als Perspektivpartner werden unter anderem Israel, und im ostasiatischen Raum Japan, Südkorea und Taiwan bezeichnet. Auch blickt die tschechische Regierung zunehmend kritische in Richtung China.
 

Quellen

Europäische Union: Tschechien

Auswärtiges Amt: Tschechien

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