Politisches System und aktuelle Politik in Serbien

 

Aktuelle Politik

Demokratie

Unter dem serbischen Präsidenten Slobodan Milosevic zerbrach Jugoslawien und stürzte in folgenschwere Jahre des Krieges. Nach Ende der Kriege ergab sich die Chance auf einen demokratischen Neuanfang. Der 5. Oktober 2000 wurde dabei zum Wendepunkt und provozierte einen Machtwechsel. Hunderttausende strömten aus ganz Serbien nach Belgrad, um Milosevic dazu zu zwingen, das Ergebnis der Präsidentschaftswahl vom September anzuerkennen. Milosevic wurde gestürzt, Vojislav Kostunica wurde Staatspräsident und die „Demokratische Opposition Serbiens" gewann wenig später vorgezogene Parlamentswahlen.
Der ehemalige serbische Vizepremier Zarko Korac spricht im Rückblick jedoch von einer vertanen „Chance Serbiens, ein normaler Staat zu werden“. Er resümiert:„Heute haben wir es mit einem totalen Paradoxon zu tun. An der Macht sind Menschen, die behaupten, proeuropäisch zu sein. Formal verfolgen sie die europäische Integration auch als Ziel. Auf der anderen Seite existiert all das nicht, was die Grundlage einer Demokratie ausmachen sollte: freie Medien, volle Umsetzung von Menschenrechten, politischer Pluralismus."

Politische Landschaft und Wahlen

Seit 2017 ist Aleksander Vucic Präsident Serbiens. Und seit Jahren wird im Land immer wieder gegen den autokratischen Regierungsstil Vucics demonstriert. Der Vorwurf: Der Präsident habe Serbien in einen Parteistaat verwandelt und habe die wichtigsten Medien des Landes unter seiner Kontrolle. Die Opposition in Serbien ist schwach und zersplittert.

Bei der Parlamentswahl 2020gewann die Präsidentenpartei mit einer deutlichen Mehrheit von 63 Prozent. Das eindeutige Wahlergebnis laufe Gefahr als Vertrauensbeweis für den Präsidenten falsch gedeutet zu werden. Vucics „Serbische Fortschrittspartei" (SNS) ist keine Kraft in einem pluralistischen System. Sie sei nicht eine, sondern die Partei, ein Machtapparat, so wie früher die KP einer war, so der Südosteuropa-Journalist Norbert Mappes-Niediek, und Vucic sei der Stabilokrat Serbiens. Wer als einzelner einen Job, wolle wer als Unternehmer einen Auftrag möchte, wer als Lokalpolitiker Steuermittel für seine Gemeinde brauche, müsse sich mit der allgegenwärtigen Macht arrangieren. Mit ihren 730.000 Mitgliedern ist die SNS die größte Partei in ganz Europa - nicht relativ, sondern absolut.

Bei der Präsidentschaftswahl im April 2022 wurde Aleksandar Vucic in seinem Amt bestätigt. Vor Abschluss der Auszählung aller Stimmen gab Vucic bekannt, er habe im ersten Wahlgang der Präsidentschaftswahl rund 60 Prozent der Stimmen bekommen. DieParlamentswahl fand 2022 zusammen mit der Präsidentschaftswahl statt.

Gewalt im Land -  Demonstrationen und Opposition „Serbien gegen Gewalt"

Nachdem es im Mai 2023 zu zwei Amokläufen mit 18 Toten kam, hat Präsident Vucic eine Entwaffnung des Landes angekündigt. Die Schätzungen für die Zahl illegaler Waffen in Serbien reichen von 300.000 bis 1,5 Millionen. Einen Monat lang, wirbt nun die Polizei, könnten die Bürger nicht registrierte Waffen straffrei abgeben. Analysten bezweifeln, ob dies zielführend sein wird, die vielen Waffen im Land seien nicht das eigentliche Problem. Gewalt sei in vielen Lebensbereiche im Land omnipräsent,so Bojan Elek vom Belgrader Thinktank Zentrum für Sicherheitspolitik - auch in der Politik. Im serbischen Parlament würden )ständig Staatsfeinde benannt und beschimpft und beschuldigt”. Es gebe Gewalt gegen zivilgesellschaftliche Organisationen. Jeder, der kritisch gegenüber der Regierung sei, werde als Feind dargestellt - auch die freien Medien. „Es gibt alle Arten von Gewalt: politische, Mediengewalt, physische, verbale, digitale - benennen Sie es, wir haben es in Serbien.”

Diese Entwicklungen haben eine neue massive Protestbewegung gegen die Vucic-Regierung ausgelöst  Auch der seit Jahren schwelende Konflik mit dem Kosovo sorgte zunehmend für Unruhen und Unzufriedenheit. So sah sich Vucic veranlasst, das Parlament aufzulösen und Neuwahlen anzusetzen. Die liberale Opposition hat sich im Vorfeld der Parlamentswahlen
zum Wahlbündnis  „Serbien gegen Gewalt" zusammengeschlossen.

Parlamentswahl 2023

Aus der Parlamentswahl im Dezember 2023 ging die Partei von Präsidentenpartei SNS  klar als Sieger hervor. Vucic hat seine Macht damit weiter gestärkt. Erste Hochrechnungen sehen die SNS bei mindestens 46 Prozent der Stimmen. Das aus neun Parteien bestehende Oppositionsbündnis „Serbien gegen Gewalt“ kam laut Auszählungen nuir auf etwa 24 Prozent der Stimmen und spricht von Wahlbetrug. Manipulation und gekauften Stimmen.


Serbien-Kosovo-Beziehung

Auch nach Jahren sind die Auseinandersetzungen im Zuge der Jugoslawienkriege nicht aufgearbeitet. Der Konflikt zwischen Prishtina und Belgrad nährt Ressentiments in der Bevölkerung und vertieft die Spaltungen: Für die Aufarbeitung der Geschichte und der Gewalt während des Bürgerkrieges fehlt es beiderseits an politischem Willen, Verantwortung zu übernehmen. Und die Spannungen halten bis heute an und führen immer wieder zu einem Aufflammen des Konflikts wie jüngst im Streit um Autokennzeichen und Ausweispapiere. Trotz Bemühungen seitens der EU um eine Beilegung der Streitigkeiten, ist der Konflikt im Nordkosovo 2023 wieder gefährlich hochgekocht. Präsident Vucic fährt nach wie vor eine harte Linie in der Kosovo-Frage.


weitere Informationen über die Serbien-Kosovo-Beziehung  sowie die Jugoslawienkriege


Prorussische Demonstrationen anlässlich des Krieges in der Ukraine
Der russische Angriff auf die Ukraine wird weltweit verdammt. Doch in Serbien gehen Menschen auf die Straßen und  bejubeln Putins Feldzug  Im März 2022 sind In der serbischen Hauptstadt Belgrad 2000 prorussische Demonstranten auf die Straße gegangen, um ihre Unterstützung für den russischen Einmarsch in die Ukraine zum Ausdruck zu bringen. Mit russischen Flaggen und Bildern von Kremlchef Wladimir Putin zogen die Demonstranten durch das Stadtzentrum und skandierten dabei auch  NATO-feindliche Parolen. „Die Ukraine wird derzeit von Neonazis befreit”, sagte ein junger Demonstrant.
Insgesamt gesehen ist das Land gespalten, viele halten zum Kreml - allein aus Protest gegen die NATO. Serbiens Präsident Aleksandar Vucic ist ebenso gespalten. Serbien hält historisch enge Beziehungen zu Russland und ist abhängig von russischem Gas und Öl, andererseits ist das Land NATO-Partner und EU-Beitrittskandidat.

Verfassung

Nach der Unabhängigkeit Montenegros ist die Republik Serbien seit dem 5. Juni 2006 der Folgestaat der Staatenunion Serbien und Montenegro, dem Nachfolger der Republik Jugoslawien. Im November 2006 trat in Serbien eine neue Verfassung in Kraft, laut der Serbien eine parlamentarische Demokratie ist. Weiterhin verfügt laut dieser Serbien über die beiden autonome Provinzen Wojwodina sowie Kosovo und Metochien. Kosovo hat allerdings 2008 seine Unabhängigkeit erklärt, was von fast allen EU-Staaten inzwischen anerkannt wird.

Präsident

Das Staatsoberhaupt der Republik Serbien ist der Staatspräsident. Er wird alle fünf Jahre direkt vom Volk gewählt. Eine einmalige Wiederwahl ist seitens der Verfassung gestattet. Der Präsident repräsentiert das Land  nach innen und außen, ruft Wahlen aus und kann sowohl die Regierung als auch das Parlament auflösen.

Bereits bei der  Präsidentschaftswahl 2017wurde der bisherige Ministerpräsident Aleksandar Vucic zum Präsidenten gewählt. Auch aus der Präsidentschaftswahl im April 2022 ging Vucic abermals als Sieger hervor.

Parlament

Im serbischen Ein-Kammer-Parlament (Narodna skupstina) arbeiten 250 Abgeordnete. Mindestens ein Drittel der Abgeordneten muss weiblich sein. Die Parlamentarier werden alle vier Jahre direkt gewählt. Laut Verfassung ist das Parlament das Organ der Gesetzgebung. Es ernennt die Richter des Verfassungsgerichtes sowie die Regierung, kann die Verfassung ändern und entscheidet über Krieg und Frieden. Außerdem hat es die Kompetenz, den Notstand auszurufen. Für generelle Abstimmungen ist eine einfache Mehrheit ausreichend. Wird jedoch über eine Verfassungsänderung entschieden, muss für einen Erfolg eine Zwei-Drittel-Mehrheit zustimmen.

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